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Was ist das rechtliche Problem mit dem Amazon Dash Button? Interview mit Rechtsanwältin Sabine Heukrodt-Bauer

Amazon will Online-Bestellungen noch einfacher machen und führt den Dash-Button jetzt auch in Deutschland ein. Über diesen kleinen Knopf, der an Haushaltsgeräten angebracht werden kann, können Verbraucher per Knopfdruck einfach ein bestimmtes Produkt – etwa Waschmittel oder Kaffeebohnen – nachbestellen. Die Buttons sind mit einer Smartphone-App des Nutzers verbunden und lösen die Bestellung auf Knopfdruck automatisch aus. Die Frage ist nur, ob der Dash-Button in Deutschland bzw. innerhalb der Europäischen Union (EU) überhaupt rechtlich darstellbar ist. Die Verbraucherzentrale NRW jedenfalls hatte Amazon bereits u.a. wegen Verletzung der fernabsatzrechtlichen Informationspflichten abgemahnt zieht nunmehr auch vor Gericht. Rechtsanwältin Sabine Heukrodt-Bauer ist Expertin im E-Commerce-Recht und beantwortet im Interview die Fragen dazu, was das Problem mit dem Dash-Button in Deutschland ist.
 

  • Frage: Was ist das grundsätzliche Problem mit dem Dash-Button?

Antwort: Wer als Unternehmer innerhalb der EU Waren an Verbraucher verkauft, hat diverse Pflichten zu beachten. Innerhalb Deutschlands sieht sich der Handel dabei dem Problem gegenüber, dass praktisch jeder Fehler bei der Erfüllung dieser Pflichten ein Wettbewerbsverstoß darstellt und etwa von Mitbewerbern, Verbraucherschutzverbänden oder der Wettbewerbszentrale kostenpflichtig abgemahnt werden kann. Bereits heute schwappt eine Abmahnwelle nach der anderen über den Onlinehandel hinweg und der Großteil der Händler ist schon jetzt in einem klassischen Onlineshop nicht in der Lage, diesen rechtssicher zu gestalten. Die Frage ist, wie das dann überhaupt über einen kleinen Dash-Button auch in Deutschland funktionieren soll.

  • Frage: Um welche gesetzlichen Pflichten geht es da?

Antwort: Im Wesentlichen geht es um die Informationspflichten im Fernabsatz, die der Unternehmer dem Verbraucher u. a. vor Abgabe von dessen Bestellung, also eigentlich vor Betätigung des Bestell-Buttons, in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen muss. Dazu zählen etwa die Identität des Unternehmers, die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder der Gesamtpreis der Waren einschließlich der Versandkosten. Hier ist auch die Pflicht zur Belehrung über die Bedingungen und sonstigen Einzelheiten des Widerrufsrechts geregelt. Klar ist, dass auf dem Dash-Button weder eine rechtskonforme Artikelbeschreibung, noch eine korrekte Preisauszeichnung, etwa noch mit Grundpreis oder Versandkosten zusammen mit der gesetzlichen Widerrufsbelehrung Platz hätte.
Hinzu kommen noch die Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr. Hierher gehört u.a., dass der Unternehmer die Bestellsituation so zu gestalten hat, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, sich zu einer Zahlung zu verpflichten. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist diese Pflicht des Unternehmers nur erfüllt, wenn die Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer ähnlich eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Auch diese Anforderungen erfüllt der Dash-Button nicht.

  • Frage: Viele Verbraucher finden die Idee des Dash-Buttons toll. Kann Deutschland wegen seiner gesetzlichen Regelungen bei dieser Innovation nun nicht mitmachen?

Antwort: Aus meiner Sicht kann die Verbraucherzentrale NRW das Verfahren gegen Amazon nur gewinnen. So, wie die Informationspflichten und technischen Anforderungen an den Bestellvorgang im B2C-Onlinehandel nicht nur Deutschland, sondern allgemein in Europa gestaltet sind, lassen die sich über den jetzigen Dash-Button direkt sicherlich nicht einhalten. Warten wir mal ab, wie die Gerichte entscheiden.

  • Frage: Gibt es denn keine Lösung?

Antwort: Das rechtliche Problem betrifft nicht nur den Dash-Button, sondern alle Entwicklungen im Smart Home: Auch das Auslösen einer Bestellung über einen Kühlschrank, der selbst erkennt, dass keine Milch mehr da ist, ist nach jetziger Rechtslage ebenso unzulässig.
Denkbar wäre allenfalls eine Lösung, nach der sämtliche rechtliche Anforderungen über die mit dem Dash-Button – oder dem smarten Kühlschrank usw. – gehörende Smartphone-App für das betreffende Produkt erfüllt würden. Alle gesetzlichen Pflichten für den Bezug des betreffenden Produkts müssten dann bereits bei der Registrierung der App mitberücksichtigt werden. Der Dash-Button wäre dann wirklich nur noch der eigentliche Bestell-Button dar, sämtliche anderen Anforderungen an den Bestellvorgang würden zuvor über die App erfüllt. Dieses Modell wäre eventuelle über ein Abonnement-Modell mit einer bestimmten Vertragslaufzeit oder einem sich automatisch verlängernden Vertrag zu realisieren. Hier würde man den gesamten Bestellvorgang mit dem Vertragsschluss und den betreffenden Informationspflichten zuvor auf dem „klassischem Wege“ in die Smartphone-App oder in einen Onlineshop vorverlagern. Über den Dash-Button würden die Waren dann nur noch, wie zuvor vereinbart, vom Verbraucher abgerufen.
Aber sicher ist das alles nicht. Letztlich werden wieder die Gerichte entscheiden, ob die gesetzlichen Anforderungen im Einzelfall korrekt umgesetzt wurden. Es dürfte dann eine spannende Entwicklung in Gang gesetzt werden.
 

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