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EuGH zur Veröffentlichung von Arzneibeipackzetteln im Internet

Der EuGH hat entschieden, dass die Verbreitung von Informationen über verschreibungspflichtige Arzneimittel im Internet dann erlaubt ist, wenn diese nur demjenigen zugänglich sind, der sich selbst um sie bemüht und diese Verbreitung ausschließlich in der getreuen Wiedergabe der Umhüllung des Arzneimittels sowie in der wörtlichen und vollständigen Wiedergabe der Packungsbeilage oder der von der zuständigen Arzneimittelbehörde genehmigten Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels besteht (Urteil vom 5.5.2011, AZ: C-316/09).
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsstreit beabsichtigte die Merckle GmbH der MSD Sharp & Dohme GmbH gerichtlich zu untersagen, auf ihrer Website Informationen über von ihr hergestellte verschreibungspflichtige Arzneimittel, insbesondere die Packungsbeilage sowie die Abbildung der Verpackung, zu verbreiten. Darin sah sie eine von Art. 88 Abs. 1 lit. a der RL 2001/83/EG verbotene Öffentlichkeitswerbung.

Nach Art. 88 Abs. 1 lit. a der RL 2001/83/EG ist die Öffentlichkeitswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel verboten. Die Veröffentlichung von sachlichen Informationen über Arzneimittel ohne Werbeziel erfüllt nach Ansicht des EuGH den Begriff der „Werbung“ nicht. Allein das wirtschaftliche Interesse des Veröffentlichenden reiche hierfür nicht aus. Daneben müsse das Verhalten, die Initiative und das Vorgehen des Veröffentlichenden auf die „Absicht hinweisen, durch eine solche Verbreitung die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern“. Insbesondere bei Pharmaunternehmen könne eine solche Veröffentlichung aber auch lediglich der gesundheitlichen Information von Verbrauchern dienen, insbesondere wenn diese beispielsweise die Packungsbeilage verloren hätten. Auch könne hier der Informationswunsch der Öffentlichkeit oder das Transparenzgebot im Unternehmen eine Rolle spielen. Die Kaufentscheidung werde nicht unmittelbar nach Abrufen der Webseite getroffen, der interessierte Nutzer müsse zwingend zuvor einen Arzt konsultieren, der die endgültige Entscheidung über die Medikation treffe. Entscheidend für die Einordnung als Werbung seien auch der Adressatenkreis sowie die technischen Eigenschaften des zur Informationsverbreitung genutzten Mediums. Im vorliegenden Fall war die Information zwar jedermann über das Internet frei zugänglich, allerdings handelte es sich um einen sog. „Pull-Dienst“, sodass ein aktiver Suchschritt des Nutzers erforderlich war. Für den Werbecharakter spräche dagegen die Nutzung eines sog. „Push-Dienstes“, bei dem der Nutzer ohne vorherige Suchanfrage durch „Pop-up-Fenster“ auf gewisse Informationen hingewiesen werde.
Der Tenor der Entscheidung des EuGH ist abrufbar unter:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2011:186:0003:0004:DE:PDF
Den Volltext der Richtlinie 2001/83/EG vom 06.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27/EG vom 31.3.2004 geänderten Fassung finden Sie unter:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:2001L0083:20070126:de:PDF

Bildnachweis: © Sandra Brunsch – Fotolia.com

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