Überspringen zu Hauptinhalt

Unterschlagung und Computerbetrug durch Einlösen eines irrtümlich zugesandten Online-Gutscheins?

Eine Internetnutzerin kaufte und bezahlte bei einem Internet-Anbieter einen Geschenkgutschein im Wert von 30,- €. Diesen wollte sie über das Internet an die E-Mail-Adresse desjenigen schicken, den sie beschenken wollte. Wegen eines Eingabefehlers versandte sie den Gutschein jedoch an die E-Mail- Adresse einer dritten Person. Eine bisher unbekannt geblieben Person löste daraufhin bei dem Anbieter den Gutschein ein und bezahlte eine Bestellung durch Eingabe des Gutschein-Codes. Die Internetnutzerin, die den Onlinegutschein erworben hatte, brachte die Angelegenheit bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige.
Die Staatsanwaltschaft ermittelte sodann wegen Unterschlagung (§ 246 Strafgesetzbuch) und Computerbetrug (§ 263 a Strafgesetzbuch) und beantragte beim zuständigen Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss gemäß § 103 Strafprozessordnung gegen den Anbieter des Gutscheines, bei dem bei dem der Gutschein eingelöst worden war. Hierdurch sollten die zur E-Mail-Adresse des Einlösers vorliegenden Daten ermittelt werden, mit denen eine Identifizierung des Täters erfolgen sollte. Das Amtsgericht wies den Antrag jedoch zurück, da die Strafbarkeit der unbekannten Person von vornherein bereits aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht komme. Die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Beschwerde wurde sodann durch das Landgericht Gießen (Az: 7 Qs 88/13) zurückgewiesen, das Landgericht bestätigte somit die Rechtsauffassung des Amtsgerichts.
Danach sei weder eine Unterschlagung noch ein sogenannter Computerbetrug gegeben. Die Verwendung des Gutscheins wäre nur dann unbefugt gewesen, wenn sie gegenüber einer natürlichen Person mit Täuschungscharakter erfolgt wäre. Durch die Eingabe des Gutschein-Codes habe die einlösende Person den Anbieter bzw. deren Mitarbeiter jedoch gerade nicht über eine entsprechende Berechtigung getäuscht. Allein durch die Eingabe des Gutschein-Codes gegenüber dem Anbieter werde nicht zugleich die entsprechende materiell-rechtliche Berechtigung für die Einlösung des Gutscheins durch schlüssiges Verhalten behauptet. Wäre der Gutschein in Papierform zur Einlösung vorgelegt worden, hätten die Mitarbeiter des Anbieters ebenfalls nur geprüft, ob der Gutschein korrekt ausgegeben wurde, da der Anbieter mit der Gutscheineinlösung von seinen Leistungspflichten frei werde.
Fazit: Das Einlösen eines erkennbar versehentlich zugesandten Online-Gutscheins ist nicht strafbar. Eine betrugsspezifisch täuschende Verwendung des Gutscheins wäre nur gegeben, wenn die einlösende Person verpflichtet gewesen wäre, auf die fehlerhafte Zusendung des Gutscheins hinzuweisen. Insoweit gibt es jedoch weder eine gesetzliche noch eine vertragliche Pflicht des Gutscheineinlösers, auf die fehlenden materiell-rechtliche Berechtigung hinzuweisen.
Quelle: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de
Bildnachweis: Daniel Ernst – Fotolia

An den Anfang scrollen