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Muss ein zu Unrecht wettbewerbsrechtlich Abgemahnter seinen Abmahner über dessen Irrtum aufklären?

In einem jetzt vom Landgericht (LG) Münster entschiedenen Fall (Urteil vom 26.06.2013 – 026 O 76/12) war ein Internetnutzer von einem gewerblichen Interessenverband abgemahnt worden, da dieser auf verschiedenen Onlineplattformen insgesamt 13 gebrauchte Fahrzeuge als Privatperson veräußert hatte. Der Verband hatte hierbei die Auffassung vertreten, der Internetnutzer habe gewerblich gehandelt und dabei die geltenden wettbewerbsrechtlichen Regelungen missachtet. Sie forderte ihn daher zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Daraufhin reagierte der abgemahnte Nutzer allerdings nicht und auch ein weiteres Schreiben blieb unbeantwortet.

Der Interessenverband erhob im Dezember 2012 Klage auf Unterlassung, Feststellung einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung sowie Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Im Verlauf des Prozesses stellte sich sodann heraus, dass der verklagte Verkäufer zwar früher einmal selbstständig einen Fahrzeughandel betrieben hatte, jetzt aber einer Angestelltentätigkeit in Vollzeit nachging. Bei den betroffenen Fahrzeugen, die er verkauft hatte, hatte es sich ausschließlich um seine eigenen Privatfahrzeuge bzw. solche seiner Eltern oder Freunde gehandelt.
Der klagende Interessenverband erklärte daraufhin den Rechtsstreit für erledigt und beantragte, dem Verkäufer die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Dieser habe nämlich den Anschein eines Wettbewerbsverstoßes erweckt. Er habe nicht die erste Abmahnung und auch nicht auf das folgende Erinnerungsschreiben reagiert. Er sei verpflichtete gewesen, den Sachverhalt klarzustellen, denn dann wäre das vorliegende Gerichtsverfahren verhindert worden.
Das LG Münster folgte dieser Ansicht nicht, sondern verurteilte letztlich den Interessenverband, die Kosten der gerichtlichen Auseinandersetzung zu tragen. Eine Aufklärungspflicht des zu Unrecht Abgemahnten bestehe nämlich grundsätzlich nicht. Dies habe der Bundesgerichtshof bereits mit seiner Entscheidung vom 01.12.1994 (Az. I ZR 139/92) klargestellt.

Fazit

Eine Hinweispflicht des zu Unrecht Abgemahnten besteht nur in besonderen Ausnahmefällen. Anderenfalls würde jeder Anschein eines wettbewerbswidrigen Handelns – der letztlich ja vorhanden sein muss, um eine Abmahnung überhaupt zu veranlassen – die unverzügliche Pflicht zur Darstellung des tatsächlichen Sachverhaltes hervorrufen und damit eine umfassende Aufklärungspflicht auslösen. Gerade dies ist jedoch durch den Bundesgerichtshof eindeutig verneint worden.
Bestehen bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung Zweifel, ob überhaupt ein wettbewerbswidriges Verhalten vorliegt, ist derjenige, der seinen Unterlassungsanspruch gerichtlich durchsetzen will gut beraten, den zugrundeliegenden Sachverhalt genau zu prüfen. Andernfalls läuft er Gefahr, auf den Kosten des Rechtsstreits sitzen zu bleiben; dies beinhaltet auch die Anwaltskosten der Gegenseite.

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