Überspringen zu Hauptinhalt

LG Frankfurt: XML-Datei als urheberrechtliches Werk nicht schutzfähig

paragraph_lupe_01Das LG Frankfurt hat im Rahmen eines Eilverfahrens kürzlich entschieden, dass einer XML-Datei, die aus einem bestehenden Computerprogramm durch Export generiert wurde, die urheberrechtliche Schutzfähigkeit fehlt. Eine so erzeugte XML-Datei sei weder als Computerprogramm (§§ 69a ff. UrhG), noch allgemein als Sprachwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) geschützt (LG Frankfurt, Urteil vom 08.11.2012, Az.: 2-03 O 269/12):

„Weder die XML-Datei, (…), noch die darin enthaltenen Regelsätze stellen ein Computerprogramm i. S. d. §§ 2 I Nr. 1, 69a UrhG dar.  Dass es sich um ein Computerprogramm handelt, trägt auch selbst die Klägerin nicht vor.  Dem folgt auch die Kammer, da die XML-Datei selbst durch ein Computerprogramm (…) gelesen wird aber nicht selbst das Programm darstellt.  Auch eine HTML-Datei stellt kein Computerprogramm dar (OLG Frankfurt am Main GRUR 2005, 299, juris-Rn. 30), was für eine XML-Datei ebenfalls gilt.
Es handelt sich bei der XML-Datei und den darin enthaltenen Regelsätzen auch nicht um ein sonstiges Sprachwerk i. S. d. § 2 I Nr. 1 UrhG. Bei Sprachwerken i. S. d. § 2 I Nr. 1 UrhG muss ihr geistiger Inhalt durch das Mittel der Sprache zum Ausdruck kommen. Welcher Sprache sich der Urheber bedient, ist irrelevant, er kann sich insbesondere auch einer Computersprache bedienen (…). Die Leistung muss aus dem Werk erkennbar sein. Schriftgut, welches Gebrauchszwecken dient und von ihnen weitgehend vorgegeben ist, muss vergleichbare alltägliche Schriften deutlich übersteigen (…). Die Frage des Eigentümlichkeitsgrades bemisst sich dabei nach dem geistig-schöpferischen Gesamteindruck, und zwar im Gesamtvergleich gegenüber vorbestehenden Gestaltungen. Die erforderliche Individualität kann sich auch bei diesen Schriften, die dem Gebrauchszweck dienen, aus der Auswahl und Anordung von Informationen ergeben (…).“

Diesen Anforderungen habe die streitgegenständliche XML-Datei im Ergebnis nach Auffassung der Kammer nicht genügt, zumal die Antragstellerin die erforderliche Schöpfungshöhe auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe. Das Landgericht hob aus diesem Grunde eine zuvor durch Beschluss erlassene einstweilige Verfügung auf und entschied nach Widerspruch und mündlicher Verhandlung zugunsten der Antragsgegner.
Wenngleich die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist und noch mit der Berufung angegriffen werden kann, enthält diese eine interessante Einschätzung zur Frage der Schutzfähigkeit einer XML-Datei. Bloße Dateien, die mit Hilfe eines Computerprogramms erstellt wurden und die erforderliche Schöpfungshöhe im Sinne einer persönlichen geistigen Schöpfung nicht erreichen, sind danach weder selbst als Computerprogramm noch als Sprachwerk geschützt.
Die fehlende Schutzfähigkeit einer HTML-Datei wurde durch das OLG Frankfurt bereits früher entschieden (OLG Frankfurt, Urteil vom vom 22.03.2005, Az.: 11 U 64/04). Sowohl bei einer XML-Datei als auch bei einer HMTL-Datei fehlt es an ausführbarem Code, der für ein Computerprogramm signifikant ist. Dementgegen wurde die Schutzfähigkeit einer Flash-Datei als Teil einer Internetseite als Computerprogramm bereits früher gerichtlich bestätigt (LG Frankfurt, Urteil vom 07.08.2003, Az.: 2-03 O 299/03), da hier in aller Regel ein ausführbarer Quellcode vorliegt, der eine Animation steuert.
Der aktuellen Entscheidung des LG Frankfurt ist nicht die generelle Aussage zu entnehmen, dass XML-Dateien als Sprachwerk nie schutzfähig sein können. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Einzelfallentscheidung. Wenn die jeweilige XML-Datei oder darin enthaltene Regelsätze im Wesentlichen reinen Gebrauchszwecken dient, so ist der Darlegungsaufwand für denjenigen, der eine Urheberrechtsverletzung z. B. wegen der Vervielfältigung dieser XML-Datei geltend machen möchte, jedenfalls höher als im Falle des Vorliegens eines Sprachwerks im klassischen Sinne (z. B. ein Aufsatz).
Die Entscheidung wird an dieser Stelle im Volltext anonymisiert veröffentlicht werden, sobald diese rechtskräftig geworden ist.
Sollten Sie zu diesem Thema Fragen haben, stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zur Kontaktaufnahme besuchen Sie bitte unsere Seite www.res-media.net oder wenden Sie sich direkt an welkenbach@res-media.net .

Bildnachweis: © rcx – Fotolia.com

An den Anfang scrollen