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Internetrecht in der Schweiz und in Deutschland

Wer sich als schweizerischer Unternehmer in Deutschland oder als deutscher Unternehmer in der Schweiz im Internet präsentieren möchte, sollte die rechtlichen Anforderungen des jeweiligen Landes kennen, um Bußgelder und Abmahnungen zu vermeiden.

Während die internetrechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland im Wesentlichen durch die europarechtlichen Vorgaben bestimmt sind, werden die rechtlichen Rahmenbedingungen in Schweiz weitgehend autonom von internationalen Verträgen aufgestellt. So herrscht innerhalb der EU z. B. im Bereich des E-Commerce-Rechts ein im Großen und Ganzen einheitliches und harmonisiertes Regelwerk, das auf der Europäischen E-Commerce-Richtlinie beruht. Trotz der Unterschiede in beiden Ländern orientiert sich die Schweiz aber zunehmend an den europarechtlichen Rahmenbe-dingungen, auch um Markthindernisse im globalen Internetgeschäft abzubauen.

Impressumspflicht
So wurde im Sommer 2011 z. B. das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb revidiert. Mit der Revision, die am 1. April 2012 in Kraft getreten ist, wurden vereinzelte Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie der EU ins schweizerische Recht übernommen. Neben diesen Vorgaben für Anbieter von Onlineshops wurden auch die Regelung über missbräuchliche AGB überarbeitet und neue Tatbestände für Werbeanrufe und Gewinnversprechen eingeführt.
Es wird daher nun z. B. auch im schweizerischen Recht (Art. 3 lit. s Nr. 1 UWG) ausdrücklich verlangt, dass die Anbieter klare und vollständige Angaben über ihre Identität und ihre Kontaktadresse (inkl. E-Mail) machen. Mit dieser in der Schweiz neu eingeführten Impressumspflicht, die in Deutschland schon seit Jahren besteht (§ 5 Telemediengesetz TMG), wurden die Grundzüge der entsprechenden Vorgaben in der Europäischen E-Commerce-Richtlinie nun weitgehend ins schweizerische Recht übernommen.
Doch auch hier bestehen Unterschiede beim Umfang der anzugebenden Informationen. Während nach schweizerischem Recht lediglich „klare und vollständige Angaben über die Identität“ des Anbieters und dessen „Kontaktadresse einschließlich derjenigen der elektronischen Post“ vorgehalten werden müssen, müssen nach deutschem Recht (§ 5 TMG) darüber hinaus weitere Informationen angegeben werden, u. a. die Rechtsform des Anbieters (z. B. AG oder GmbH), den Vertretungsberechtigten (z. B. Vorstand oder Geschäftsführer), Angaben zu einem Handelsregistereintrag (inkl. HR-Nummer), Angaben zu einer zuständigen Aufsichtsbehörde, die Umsatzsteueridentifikations-nummer (sofern vorhanden). Auf diesen erweiterten Umfang der erforderlichen Pflichtangaben müssen sich z. B. auch schweizerische Unternehmen einstellen, die eine Niederlassung in Deutschland mit eigener Internetpräsenz planen.
Ein weiterer Unterschied besteht aber auch darin, dass die Impressumspflicht nach schweizerischem Recht nur dann besteht, wenn der Anbieter „Waren, Werke oder Leistungen im elektronischen Geschäftsverkehr anbietet“. Hieraus kann man schließen, dass eine wie auch immer geartete Online-Bestellmöglichkeit im Rahmen von E-Commerce bestehen muss, so dass eine reine Informationsseite über das Unternehmen hier ausgenommen sein könnte. Dies ist im deutschen Recht anders, denn hier besteht die Pflicht zur Anbieterkennzeichnung nach § 5 TMG für sämtliche geschäftlich genutzten Internetpräsenzen und auch nicht nur für klassische Internetseiten, sondern z. B. auch im Rahmen von mobilen Präsenzen wie z. B. im Rahmen von Smartphone-Apps oder Social Media-Auftritten. In Deutschland rollt aktuell gerade eine Abmahnwelle über das Land, in dem es um die Impressumspflicht bei unternehmer-ischen Facebook-Seiten geht. Hier hatte das Landgericht Aschaffenburg im vergangenen Jahr entschieden, dass ein Impressum auch bei Facebook vorgehalten werden muss (Az.: 2 HK O 54/11), was einige Anbieter nun dafür genutzt haben, um Mitbewerber wettbewerbsrechtlich abzumahnen.

Weitere Rechtspflichten im E-Commerce
Ebenfalls neu im schweizerischen Recht ist die Pflicht, beim Verkauf von Waren im Internet auf die einzelnen Schritte, die zu einem Vertragsschluss führen, hinzuweisen und angemessene technische Mittel zur Verfügung zu stellen, um Eingabefehler korrigieren zu können. Dies deckt sich insoweit mit den entsprechenden Vorgaben nach deutschem Recht, ebenso wie die Pflicht, die Bestellung des Kunden unverzüglich per E-Mail zu bestätigen.
Was jedoch nicht übernommen wurde, ist das Widerrufsrecht, das Verbrauchern in Deutschland beim Kauf von Waren oder Dienstleistungen im Internet zusteht und über das im Vorfeld im Einzelnen belehrt werden muss. Das in Deutschland und den übrigen Mitgliedsstaaten der EU zwingende gesetzliche Widerrufsrecht stellt die Online-Händler vor eine große wirtschaftliche und logistische Herausforderung, da dieses geradezu inflationär ausgeübt wird. So werden im großen Umfang Waren bestellt, zum Teil auch benutzt und dann ohne Angabe von Gründen zurückgeschickt, wobei der Händler auch die Kosten der Rücksendung zu übernehmen hat. In der Schweiz kann ein Widerrufsrecht aus Kulanzgründen eingeräumt werden, wobei die Modalitäten hier selbst definiert werden können.
Ferner wurde ein weiteres ehemaliges „Idyll“ für Online-Händler in der Schweiz aufgelöst, indem nun auch nach schweizerischem Recht die Verwendung unangemessener und missbräuchlicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) als unlauter und damit wettbewerbswidrig gelten (Art. 8 UWG). Es ist damit zu rechnen, dass hier künftig ähnliche Grundsätze wie in der deutschen Rechtsprechung auch in der Schweiz aufgestellt werden.

Tipps und Fazit
Vorsicht ist jedoch geboten, wenn sich z. B. ein schweizerisches Unternehmen entschließt, seine Waren über die eigene CH-Domain vermehrt auch nach Deutschland zu vertreiben und dies entsprechend auch kommuniziert. Bei Formulierungen wie z. B. „Bestellungen aus Deutschland“ oder „Lieferung nach Deutschland“ kann es passieren, dass man sich dem Deutschen Recht mit den strengen Vorgaben wie oben dargestellt unterordnen muss, wenn sich das Angebot bestimmungsgemäß zumindest auch an Verbraucher in Deutschland richtet und keine wirksame Rechtswahl über die ausschließliche Geltung schweizerischen Rechts getroffen wird. In diesem Fall könnte ein Verbraucher aus Deutschland z. B. ein Widerrufsrecht geltend machen.
Problematisch könnte auch sein, dass die gezielte Verwendung einer Internetseite, die z. B. aus einer CH-Domain gebildet ist, in Deutschland eine eingetragene Marke oder ein Unternehmenskennzeichenrecht verletzt. Um hier sicher zu gehen, sollte zuvor eine Markenrecherche in dem Zielland durchgeführt und ausgewertet werden, bevor ein Begriff (z. B. eine Produktbezeichnung oder ein Domainname) in dem jeweils anderen Land im geschäftlichen Verkehr benutzt wird.
Immer dann, wenn sich ein deutsches oder ein schweizerisches Unternehmen entschließen sollte, den jeweils benachbarten Markt über das Internet zu erschließen, sollten daher die rechtlichen Rahmenbedingungen des Nachbarlandes im Vorfeld sondiert werden, um rechtliche und wirtschaftliche Nachteile zu vermeiden. Es empfiehlt sich, im jeweiligen Land einen auf Internetrecht und Gewerblichen Rechtsschutz spezialisierten Rechtsanwalt aufzusuchen, der die Risiken entsprechend erkennen und eindämmen kann.

Bildnachweis: © daboost – Fotolia.com

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