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Haftungsrisiko „Amazon“ für Marketplace-Händler?

Seit letztem Jahr wurden verdächtig viele Urteile – meist immer derselben Gerichte – veröffentlicht, nach denen Amazon-Händler für Rechtsverstöße des Plattformbetreibers Amazon haften müssen. Die Entscheidungen wurden fast immer von ein und derselben Kanzlei zu Lasten der Amazon-Händler erwirkt. Es fragt sich nicht nur, wozu das Ganze, sondern auch, wie sollen Amazon-Händler reagieren?
 

  • Zunächst eine Übersicht über die wichtigsten Entscheidungen

Wir können nicht alle Entscheidungen aufführen, da diese sich ohnehin inhaltlich zumeist nur wiederholen.Im wesentlichen wurde zur Weiterleitungsfunktion und den UVP-Angaben in Amazon-Angeboten entschieden.
Das Landgericht (LG) Arnsberg hatte in seinem Urteil vom 30.10.2014 noch entschieden, dass ein Amazon-Händler nicht für eine von Amazon entwickelte, wettbewerbswidrige Weiterempfehlungsfunktion zu haften hat. Dem Händler fehle technisch jede Einwirkungsmöglichkeit und er könne die Nutzung der Weiterempfehlungsfunktion nur dadurch unterbinden, dass er gar keine Angebote mehr einstelle. Dies sei ihm jedoch geschäftlich nicht zumutbar (Urteil vom 30.10.2014, Az. I-8 O 121/14). Das Verfahren wurde später vor Oberlandesgericht (OLG) Hamm für erledigt erklärt, nachdem der Händler eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte (Az. I-4 U 154/14).
Genau entgegengesetzt hatte bereits zuvor das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschieden: Danach haftet ein Amazon-Händler für Rechtsverletzungen von Amazon – hier wegen der automatischen Angabe falscher, unverbindlicher Preisempfehlungen – auch wenn die Angaben ohne Wissen des Händlers in sein Angebot eingefügt wurden (Urteil vom 23.09.2014, Az.:  6 U 115/14).
In der Folgezeit entschieden die Gerichte durchgängig zu Lasten der Händler:
Das OLG Köln entschied mehrfach, dass Händler für falsche, unverbindliche Preisempfehlungen von Amazon haften (Urteil vom 24.04.2015, Az. 6 U 175/14; Beschluss vom 23.09.2014, Az. 6 U 115/14; Beschluss vom 06.05.2015, Az.:  6 W 29/15). Die Argumentation beruhte bei diesen Entscheidungen hauptsächlich auf der Annahme, der Händler mache sich durch die Werbung für das Produkt auf Amazon auch fremde Angaben zu Eigen. Dies führe zu einer vollen Zurechnung der Inhalte. Zudem müsse der Händler durch Nutzung der Verkaufsplattform die für das Angebot gemachten Angaben regelmäßig auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen und bei Feststellung der Unrichtigkeit der Angaben auf deren Änderung hinwirken.
Das OLG Hamm sowie auch das LG Berlin bejahten ebenfalls die Haftung des Händlers für eine von Amazon begangene Rechtsverletzung. In dem Fall vor dem OLG Hamm ging es u.a. wieder um die wettbewerbswidrige Weiterempfehlungsfunktion auf der Amazon-Plattform (Urteil vom 09.07.2015, Az. I-4 U 59/15). Das LG Berlin entschied, dass Amazon-Händler für Markenrechtsverletzungen von Amazon in den Angeboten zu haften haben (Urteil vom 10.02.2015, Az. 15 O 22/14).

  • Was ist das Risiko und wie können Händler reagieren?

Da Händler haben keine technische Zugriffsmöglichkeit auf wesentliche Inhalte ihrer Amazon-Angebote. Gleichwohl tendiert die Rechtsprechung offenbar dahin, Wettbewerbsverstöße, die Amazon verursacht hat, den Händlern anzulasten. Rechtlich ging es bislang um die Weiterleitungsfunktion oder die UVP-Angaben in der Preisauszeichnung.Das könnte aber nicht das Ende der Fahnenstange sein, denn über § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind die meisten Rechtsverstöße beim Verkauf an Verbraucher als wettbewerbswidrig einzustufen. Mit den bisherigen Begründungen der Gerichte steht damit der Haftung von Händlern für solche Verstöße Tür und Tor offen.
Insgesamt kann es also leicht zu – dann berechtigten – Abmahnungen kommen, denen Händler sich nicht entziehen können. Hier müsste man sich einzelnen anschauen, wie der Händler damit im Einzelfall umgehen kann, denn auf Amazon nicht mehr  zu verkaufen, kann wohl kaum die Antwort sein.
 

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