Direct to Consumer – D2C: Das ist rechtlich wichtig
Direct to Consumer (D2C) ist ein aus den USA stammendes Vertriebsmodell, bei dem der Hersteller die Vermarktung und den Verkauf seiner Produkte vollständig übernimmt und auf das Einschalten von Zwischenhändlern verzichtet. Der Vertrieb über D2C und die damit einhergehende Unabhängigkeit vom Einzelhandel bieten dem Hersteller einige Vorteile. Er kann die Preise selbst gestalten, Kundenkontakte pflegen, personalisiert Werben und dadurch Reichweite erhalten und letztlich die Chance auf größere Gewinnmargen erhöhen. Doch mit der Umstellung auf D2C verantwortet der Hersteller auch die gesamte Wertschöpfungskette, woraus sich auch rechtliche Verpflichtungen ergeben.
Pflichten rund um die Markteinführung
Vor der Markteinführung ist sicherzustellen, ob das einzuführende Produkt den rechtlichen Anforderungen des jeweiligen Ziellandes entspricht. Für Markteinführungen innerhalb der Europäischen Union (EU) gilt: Hersteller haben diverse Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften zu beachten. Hersteller ist hierbei jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt oder entwickeln oder herstellen lässt und dieses Produkt unter eigenem Namen oder eigener Marke vermarktet. Werden Waren beispielsweise aus Asien importiert und unter einer eigenen Marke vertrieben, so ist der Markenträger rechtlich als Hersteller anzusehen.
Produktsicherheit
Es gilt das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), das eine Reihe europäischer Rechtsvorschriften in deutsches Recht umsetzt. Der größte Teil an Waren wird in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen. Die grundsätzlichen Sicherheitsanforderungen ergeben sich nach § 8 ProdSG aus speziellen Rechtsverordnungen (z.B. die Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug (2. GPSGV), Maschinenverordnung (9. ProdSV)), sowie aus harmonisierten Normen, welche im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht sind. Sind zur Einhaltung der Sicherheitsanforderungen bestimmte Regeln zu beachten, so muss eine Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache beigelegt werden, welche die Gefahrenquellen und Sicherheitshinweise beinhaltet. Zur Erfüllung von Informationspflichten sind Name und Anschrift des Herstellers sowie eine Identifikationskennzeichnung (z. B. Marke oder Modell) auf dem Produkt anzubringen. Den Hersteller treffen außerdem Überwachungspflichten. Es müssen Stichproben durchgeführt und Beschwerden überprüft werden. Stellt sich bei einem bereits in Verkehr gebrachten Produkt ein Sicherheitsrisiko heraus, besteht eine Rückrufpflicht.
Produktkennzeichnung
Stimmt das Produkt mit den oben aufgeführten Sicherheitsanforderungen überein und hat damit das sog. Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen, ist dies durch die Anbringung des CE-Zeichens zu bestätigen. Die Kennzeichnung mit dem GS-Zeichen („geprüfte Sicherheit“) ist dagegen freiwillig und erfolgt nur auf Antrag bei der zuständigen GS-Prüfstelle. Voraussetzung für die Vergabe ist eine Baumusterprüfung. Es erfolgt außerdem eine regelmäßige Überprüfung der Fertigungsstätte durch die Prüfstelle, wobei die Kennzeichnung auf eine Dauer von 5 Jahren befristet ist.
Sonstige Pflichten
Werden mit Produkten befüllte Verpackungen in Verkehr gebracht, ist die Verpflichtung zur Teilnahme an einem dualen System sowie zur Registrierung bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister zu prüfen. Werden Elektrogeräte vertrieben, kann eine Registrierung im Elektro-Altgeräte Register bzw. bei der zuständigen Registrierungsstelle im Zielland erforderlich sein. Außerdem besteht eine Verpflichtung zur regelmäßigen Meldung der in den Verkehr gebrachten Mengen. Enthält das Produkt Batterien, können nach dem Batteriegesetz Meldepflichten, Rücknahmepflichten sowie weitere Anforderungen bestehen.
Gewährleistung und Produkthaftung
Da beim D2C Vertrieb kein Zwischenhändler eingeschaltet wird, stehen dem Endkunden die vertraglichen Rechte direkt gegen den Hersteller als Vertragspartner zu. Der Hersteller muss also selbst Prozesse einrichten, um entsprechende Anfragen und Ansprüche abwickeln zu können.
Gewährleistungsrechte des Käufers
Liegt bei Gefahrübergang ein Sach- oder Rechtsmangel vor, so bestehen für die Dauer von zwei Jahren gesetzliche Gewährleistungsrechte gegenüber dem Verkäufer. Das Gewährleistungsrecht kann nur bei Geschäften unter Unternehmern beschränkt oder ausgeschlossen werden, bei Verkäufen im Bereich business to consumer (B2C) gelten dagegen die zwingenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Praktisch bedeutsam: Für den Hersteller, der auf D2C umstellt, ist zu beachten, dass Verbraucher keine Rügepflicht nach § 377 des Handelsgesetzbuchs haben, da es an einem beiderseitigen Handelsgeschäft fehlt. Im B2C-Onlinehandel müssen zusätzlich die Informationspflichten im Fernabsatz einschließlich des 14 – tägigen Widerrufsrechts und die Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr besonders beachtet werden.
Garantie
Abzugrenzen von dem Gewährleistungsrecht ist die Garantie. Garantie ist ein vom Händler oder Hersteller zusätzlich und freiwillig gegebenes Haltbarkeits- oder Funktionsversprechen, welches neben das gesetzliche Gewährleistung tritt bzw. es erweitert. Die Dauer und die Bedingungen der Garantie können frei bestimmt werden, aber sämtliche Informationen sind dem Produkt beizufügen und insbesondere im Onlinehandel detailliert in der Artikelbeschreibung des Angebots darzustellen.
Produkthaftung und Produzentenhaftung
Ist ein Produkt fehlerhaft, kann der Hersteller haftbar gemacht werden. Dabei sind die „Produkthaftung“ nach dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) und die „Produzentenhaftung“ nach dem BGB zu unterscheiden. Im Rahmen der Produzentenhaftung haftet der Hersteller nur bei Verschulden, während die Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz im Fall fehlerhafter Produkte verschuldensunabhängig greift. Dabei regelt das ProdHaftG einen Haftungshöchstbetrag von 85 Millionen Euro und das Erlöschen von Ansprüchen nach 10 Jahren.
D2C und Datenschutz
Einer der Vorteile des D2C Modells ist, dass Hersteller unmittelbaren Zugriff auf die Daten ihrer Kunden erhalten und diese im Marketing, zum Beispiel für die personalisierte Kontaktaufnahme nutzen können. Nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist die Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung von personenbezogenen Daten wie E-Mail-Adressen, Namen usw. nur zulässig, wenn sie entweder gesetzlich erlaubt ist oder der Empfänger der E-Mail dazu zuvor sein Einverständnis erteilt hat (Art. 6 DSGVO). Soweit es die Abwicklung von Anfragen oder Bestellungen angeht, ist das ohne Einwilligung zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen oder zur Erfüllung eines Vertrags zulässig. Die Nutzung von personenbezogenen Kundendaten zu Werbezwecken erfordert nach der aktuellen Rechtsprechung in der Regel jedoch die Einwilligung des Betroffenen. Eine Ausnahme dürfte nur im Bereich des E-Mail-Marketings für Bestandskunden sowie im Bereich des Telefon-Marketings mit B2B-Interessenten- und Kunden gelten, soweit dies auch wettbewerbsrechtlich zulässig. In diesem Fall sollte das berechtigte Interesse des werbenden Unternehmens als datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage ausreichend sein. In jedem Falle sollten diese Fragen bereits zu Beginn des D2C Vertriebs gestellt werden, damit die erforderlichen Werbeeinwilligungen von Anfang an auf allen Kanälen eingeholt werden, bevor die Datenbank aufgebaut wird.
Bildnachweis für diesen Beitrag: © scusi – stock. adobe. com