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Datenschutz: Wie lange darf ein Internet- Provider eine IP-Adresse speichern, auch wenn hierzu kein Anlass besteht?

7 Tage Speicherung sind zulässig. So sieht es jedenfalls das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/Main (Urteil vom 28.08.2013, AZ: 13 U 105/07). Die hessischen Richter hatten über das Begehren eines Kaufmanns zu entscheiden, der als DSL-Anschlussinhaber gegen seinen Internetdienstanbieter geklagt hatte.
Dem ganzen lag ein sogenannter DSL-Flatrate-Tarif (zeit- und volumenunabhängiges Pauschalentgelt) zugrunde, wobei für den Kunden die Möglichkeit bestand, sich mit seinen Zugangsdaten auch über andere Telekommunikationsanschlüsse oder durch andere Zugangstechniken in die Dienste seines Anbieters einwählen zu können. In diesen Fällen wurden zeitabhängige Nutzungsentgelte berechnet. Zur Einwahl in das Internet hatte der Anbieter dem Rechner des Kunden für die Dauer der einzelnen Verbindung eine IP-Adresse zugewiesen, die sie einem ihr zugeteilten Großkontingent entnahm. Nach der Verbindungsbeendigung wurde die jeweilige IP-Adresse wieder freigegeben und stand den Kunden des Anbieters zur Einwahl in das Internet erneut zur Verfügung. Wegen dieses Verfahrens erhielten die einzelnen Nutzer für jede Einwahl in das Internet in aller Regel eine unterschiedliche IP-Nummer (dynamische IP-Adresse). Nach der Beendigung der jeweiligen Verbindung speicherte der Anbieter die hierfür verwendete IP-Adresse für einen gewissen Zeitraum. Das vor dem OLG Frankfurt geführte Verfahren lag bereits 2011 dem Bundesgerichtshof (BGH III ZR 146/11, Urteil vom 13.01.2011). Dieser hatte dem Provider zugestanden, dass dieser die IP-Adressen seiner Kunden bis zu 7 Tagen speichern darf. Voraussetzung war hierfür jedoch, dass die Speicherung zur Abwehr von Gefahren und zur Beseitigung von Störungen notwendig ist.
Dem kam der Telekommunikationsanbieter auch nach und speicherte die Daten nur noch bis zu 7 Tagen. Der Kunde vertrat jedoch die Auffassung, sein Anbieter sei verpflichtet, die ihm zur Einwahl ins Internet zugewiesenen dynamischen IP-Adressen sofort nach Ende der einzelnen Internetsitzungen zu löschen.
Das OLG Frankfurt bestätigte dies hingegen nicht. Selbst die anlasslose, auf sieben Tage begrenzte Speicherung der jeweils genutzten IP-Adressen wahrt dann die erforderliche Verhältnismäßigkeit, wenn ihre technische Erforderlichkeit für die Zwecke des § 100 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz (TKG) gegeben ist. Im Gesetz heißt es hierzu:
„Soweit erforderlich, darf der Diensteanbieter zum Erkennen, Eingrenzen oder Beseitigen von Störungen oder Fehlern an Telekommunikationsanlagen die Bestandsdaten und Verkehrsdaten der Teilnehmer und Nutzer erheben und verwende.“
Allein die bloße Speicherung der IP-Adressen für sich gesehen stellt demnach noch keinen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Nutzer dar. Von erforderlicher Bedeutung für das Gewicht des Grundrechtseingriffs ist allein die Persönlichkeitsrelevanz der Informationen, die von der informationsbezogenen Maßnahme erfasst wird. „Die Identität des jeweiligen Nutzers sei aus der IP-Nummer selbst nicht erkennbar und werde erst durch die Zusammenführung mit weiteren Angaben ermittelbar.“
Allein entscheidend für die Richter war die Frage, ob der verklagte Provider die IP-Adressen zur Gefahrenabwehr speichern muss oder andere Möglichkeiten zu einer Störungsbeseitigung hat?
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die gerügte Speicherpraxis unabdingbar für die Abwehr von System-Angriffen sei. Mithin ist auch die Speicherungsdauer sei nicht zu kritisieren, da die Fehlerbehandlung mindestens 5 Tage andauere, so dass der gewählte Zeitraum verhältnismäßig sei. Unter anderem hatte ein vom Gericht beauftragter Gutachter hierbei festgestellt, dass bei dem betroffenen Provider monatlich mehr als 500.000 sogenannte Abuse-, also Missbrauchs-Meldungen eingingen. Unter anderem handelt kann es sich um folgende Missbrauchsfälle handeln:
 

  • Empfang von unerwünschten E-Mails mit Werbeinhalten (SPAM)
  • Empfang von E-Mails mit Viren und Würmern
  • Belästigender SMS-Versand über unser E-Mail Center
  • Hacker-Angriffe auf Ihren Computer (Port-Scans o. Ä.)
  • Verdacht auf Missbrauch Ihrer Zugangsdaten
  • Verdacht auf Missbrauch von Gästebüchern auf Ihrer Homepage (Beleidigungen o. Ä.)
  • Verdacht auf Missbrauch in und von IRC-Diensten unserer Kunden (Internet Relay Chat)
  • Strafrechtlich relevante Inhalte auf Homepages unserer Kunden

Quelle: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de
Fazit: Letztlich sieht für die betroffenen Provider das OLG Frankfurt/Main -nach dem derzeitigen Stand der Technik – keine anderen Möglichkeiten, Störungen der Telekommunikationsanlagen in weniger als 7 Tagen zu erkennen, einzugrenzen und notfalls zu beseitigen. Eine darüberhinausgehende Speicherung kann hingegen nicht ohne weiteres begründet werden.
Bildnachweis: Ewe Degiampietro – Fotolia.com

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