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Fernabsatzrecht

Das Fernabsatzrecht ändert sich zum 28.05.2022

Am 10.06.2021 hat der Bundestag Änderungen im Fernabsatzrecht mit dem Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in Umsetzung der EU-Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union beschlossen. Es tritt am 28.5.2022 in Kraft und bringt einige Änderungen für den Onlinehandel mit sich.

Das Gesetz setzt einen wesentlichen Teil der sog. „Omnibus-Richtlinie“ (EU) 2019/2161 um, die am 07.01.2020 in Kraft getreten ist.

Unsere Blogartikel zu weiteren aktuellen Gesetzesänderungen finden Sie hier:

Hier eine Übersicht über die anstehenden Änderungen:

1. Neue Informationspflichten für Betreiber von Online-Marktplätzen

Über einen neuen § 312 k Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) werden Informationspflichten für Betreiber von Online-Marktplätzen eingeführt, die in Artikel 246 d § 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) spezifiziert sind. Danach muss der Betreiber eines Online-Marktplatzes den Verbraucher informieren

  • über das angezeigte Ranking der Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte sowie über die Parameter zur Festlegung des Rankings;
  • gegebenenfalls darüber, dass es sich bei ihm und dem Anbieter der Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte um verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes handelt;
  • darüber, ob es sich bei dem Anbieter der Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte nach dessen eigener Erklärung gegenüber dem Betreiber des Online-Marktplatzes um einen Unternehmer handelt;
  • darüber, falls es sich bei dem Anbieter nach eigenen Angaben nicht um einen Unternehmer handelt, dass die besonderen Vorschriften für Verbraucherverträge auf den Vertrag nicht anzuwenden sind;
  • gegebenenfalls darüber, in welchem Umfang der Anbieter der Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte sich des Betreibers des Online-Marktplatzes bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus dem Vertrag mit dem Verbraucher bedient, und darüber, dass dem Verbraucher hierdurch keine eigenen vertraglichen Ansprüche gegenüber dem Betreiber des Online-Marktplatzes entstehen, und
  • falls ein Anbieter eine Eintrittsberechtigung für eine Veranstaltung weiterverkaufen will, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Veranstalter nach Angaben des Anbieters einen Preis für den Erwerb dieser Eintrittsberechtigung festgelegt hat.

Die Formalien zu diesen Informationspflichten enthält Artikel 246 d § 2 EGBGB. Danach müssen die Infos vor Abgabe der Bestellung in klarer, verständlicher und in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise zur Verfügung gestellt werden. Die Angaben zum Ranking sind so zur Verfügung zu stellen, dass sie unmittelbar auf der Angebotsseite leicht zugänglich dargestellt sind.

2. Änderungen zum Widerrufsrecht bei Dienstleistungen und digitalen Inhalten

Änderungen zum Widerrufsrecht bei Dienstleistungen

Das Widerrufsrecht bei Dienstleistungen erlischt nach dem neuen § 356 Abs. 4 BGB u. a. auch dann bei einem Vertrag,

  • der den Verbraucher nicht zur Zahlung eines Preises verpflichtet, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat;
  • der den Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet, mit der vollständigen Erbringung der Dienstleistung, wenn der Verbraucher vor Beginn der Erbringung
    • ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt,
    • die Zustimmung auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt wurde
    • und er Verbraucher seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass sein Widerrufsrecht mit vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer erlischt.
Änderungen zum Widerrufsrecht bei digitalen Inhalten

Das Widerrufsrecht bei digitalen Inhalten, die sich nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden, erlischt nach dem neuen § 356 Abs. 5 BGB u.a. bei einem Vertrag,

  • der den Verbraucher nicht zur Zahlung eines Preises verpflichtet, wenn der Unternehmer mit der Vertragserfüllung begonnen hat,
  • bei einem Vertrag, der den Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet, wenn
    • der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Vertragserfüllung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt,
    • der Verbraucher seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass durch seine Zustimmung mit Beginn der Vertragserfüllung sein Widerrufsrecht erlischt, und
    • der Unternehmer dem Verbraucher eine Bestätigung gemäß § 312f zur Verfügung gestellt hat.

3. Änderungen zum Widerrufsrecht bei Waren

Rücksendekosten

Nach dem neuen § 357 Abs. 5 BGB trägt der Verbraucher die Rücksendekosten der Waren nach dem Widerruf, wenn der Unternehmer den Verbraucher – wie bisher – nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 EGBGB von dieser Pflicht unterrichtet hat. Das gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.

Rücksendung

Der Verbraucher ist nach § 357 Abs. 6 BGB nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

4. Änderung der Muster-Widerrufsbelehrung und des Musters für das Widerrufsformular

Bislang musste der Unternehmer auf der Grundlage von Gestaltungshinweis 2 der Muster-Widerrufsbelehrung seine Telefonnummer und Faxnummer und E-Mailadresse angeben, „soweit verfügbar“. Der neue Gestaltungshinweis 2 verpflichtet jetzt zur Angabe der Telefonnummer sowie der E-Mailadresse. Telefax fällt als Option sowohl in der Muster-Widerrufsbelehrung als auch in den Gestaltungshinweisen weg.

Gleiches gilt für das Muster für das Widerrufsformular: Die Option der Versendung per Fax wird gestrichen. Es sind nur noch der Name, die Anschrift und die E-Mail-Adresse des Unternehmers als Adressat des Formulars anzugeben.

5. Ergänzung zum Wertersatzes beim Widerrufsrecht

Der Wertersatz ist zukünftig in § 357 a BGB geregelt.

Wertersatz für Wertverlust bei Waren

Beim Warenverkauf ergeben sich danach keine inhaltlichen Änderungen gegenüber der aktuellen Rechtslage. Der Verbraucher hat Wertersatz für einen Wertverlust der Ware zu leisten, wenn

  • der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war, und
  • der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über dessen Widerrufsrecht unterrichtet hat.
Wertersatz für erbrachte Dienstleistungen

Verbraucher haben Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Dienstleistungen zu leisten, wenn

  • der Verbraucher von dem Unternehmer ausdrücklich verlangt hat, dass mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen werden soll,
  • bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag der Verbraucher das Verlangen nach Nummer 1 auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat und
  • der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ordnungsgemäß informiert hat. Bei der Berechnung des Wertersatzes ist der vereinbarte Gesamtpreis zu Grunde zu legen. Ist der vereinbarte Gesamtpreis unverhältnismäßig hoch, so ist der Wertersatz auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung zu berechnen.

Allerdings ist der Anspruch auf Wertersatz beschränkt auf Verträge über Dienstleistungen, für die der Verbraucher die Zahlung eines Preises vorsieht.

Wertersatz für digitale Inhalte

Hier ändert sich die Rechtslage nicht: Widerruft der Verbraucher einen Vertrag über die Bereitstellung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten, besteht kein Wertersatzanspruch des Unternehmers.

6. Änderung der Informationspflichten im Fernabsatz

Die Informationen, die der Unternehmer dem Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag zur Verfügung zu stellen hat, wurden in Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz EGBGB ergänzt und geändert:

  • Bei den Unternehmensangaben fällt die Angabe der Telefaxnummer weg. Anzugeben ist die Telefonnummer, die E-Mail-Adresse sowie gegebenenfalls andere vom Unternehmer zur Verfügung gestellte Online-Kommunikationsmittel, sofern diese gewährleisten, dass der Verbraucher seine Korrespondenz mit dem Unternehmer, einschließlich deren Datum und Uhrzeit auf einem dauerhaften Datenträger speichern kann.
  • Die bisherigen Anforderungen an die Angabe eines Gesamtpreises einschließlich aller Steuern und Abgaben sowie der Fracht-, Liefer- oder Versandkosten bleiben bestehen. Neu geregelt ist dagegen bei personalisierten Preisen die Verpflichtung darauf hinzuweisen, dass der Preis auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert wurde.
  • Die Hinweispflicht auf das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts wurde auf die digitalen Produkte im Sinne des § 327 BGB erweitert.
  • Die Informationspflicht zur Funktionsweise digitaler Inhalte eischließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte wurde erweitert auf die Funktionalität der Sachen mit digitalen Elementen oder der digitalen Produkte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen.
  • Die bisherige Informationspflicht zur Kompatibilität und Interoperabilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software wurde dahingehend geändert, dass jetzt über die Kompatibilität und Interoperabilität der Waren mit digitalen Elementen oder der digitalen Produkte zu informieren ist.

7. Sanktionen

Mit Art. 246 e EGBGB wird eine Bußgeldvorschrift für die Ahndung von Zuwiderhandlungen aufgenommen, nach der das Bundesamt für Justiz Geldbußen bis mindestens 4% des Jahresumsatzes in dem betroffenen Mitgliedstaat bzw. den betroffenen Mitgliedsstaaten verhängen kann. Sind Informationen zum Jahresumsatz nicht verfügbar, sieht das Gesetz Geldbußen mit einem Höchstbetrag von mindesten 2 Millionen EUR vor.

 

 

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