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55.000 EUR Vertragsstrafe bei Nichtrückruf von 11 urheberrechtlich geschützten Fotografien?

Welche Vertragsstrafe droht demjenigen, der nach Abgabe einer Unterlassungserklärung wegen der unberechtigten Nutzung von Produktfotos bei einer Onlineauktion insgesamt untätig bleibt, da ihm aus Fahrlässigkeit nicht bekannt ist, dass die Fotos auch nach Abschluss der Auktion weiterhin öffentlich zugänglich sind? Muss er für jedes noch abrufbare Foto die Vertragsstrafe zahlen, da er nicht dafür gesorgt hat, dass der Plattformanbieter die Bilder gelöscht hat?
Der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt/Main (Aktenzeichen: 11 U 28/12) geht davon aus, dass in einer solchen Konstellation die vereinbarte Vertragsstrafe insgesamt nur einmal und nicht für jede Fotografie einzeln verwirkt ist.
Ein Onlinehändler hatte bei insgesamt elf Onlineauktionen unberechtigt die von einem anderen hergestellten Produktfotos verwendet. Der Händler hatte wegen der folgenden Abmahnung deshalb gegenüber dem Berechtigten eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Er hatte sich für den Fall einer schuldhaften Zuwiderhandlung zur Zahlung einer angemessenen Vertragsstrafe bis zu 5.000 € verpflichtet. Bedauerlicherweise waren die in den zwischenzeitlich abgelaufenen elf Online-Auktionen des Onlinehändlers verwendeten Lichtbilder auch noch nach der Abgabe der Unterlassungserklärung immer noch zu sehen. Der Händler hatte die Fotos zwar nicht weiter verwendet, jedoch nicht dafür gesorgt, dass diese auch nicht weiter in Verbindung mit seinen Angeboten abrufbar sind. Der Rechteinhaber ließ ihn daraufhin erneut abmahnen und forderte eine Vertragsstrafe in Höhe von 55.000 € zuzüglich Anwaltskosten. Er berechnete für jedes der elf abrufbare Angebote die Vertragsstrafe von 5.000 € und legte für jedes abrufbare Bild eine Verletzungshandlung zugrunde.
Das OLG ging jedoch von einem einheitlichen Vorgang und nicht von 11 in Online- Auktionen eingestellten Fotos aus, wodurch für jedes Foto das Urheberrecht des Berechtigten verletzt worden sei. Vielmehr wurde ein bereits bestehender rechtswidriger Zustand fortgesetzt, da der Onlinehändler eine einzige ihm zur Abstellung des rechtsverletzenden Zustandes obliegende Handlung unterlassen hat. Er hätte nämlich den Plattformbetreiber der Onlineauktionen auffordern müssen, alle streitgegenständlichen Fotos aus den Auktionen entfernen zu lassen. Hierzu hätte es eines einzigen Willensentschlusses bedurft, den betroffen Onlinehändler im vorliegenden Fall aus fahrlässiger Unkenntnis der Sachenlage nicht getroffen hat. „Elf Vertragsstrafen wären nur dann verwirkt, wenn elf Zuwiderhandlungen vorlägen, für die es elf verschiedener Handlungsentschlüsse bedurft hätte (vgl. OLG Hamm; Urteil vom 18.9.2012, 4 U 105/12 – zitiert nach juris).“
Der rechtliche Vorwurf an den beklagten Internethändler beschränkte sich im Ergebnis darauf, dass dieser sich entsprechend hätten kundig machen müssen und so die Fortbestand der Auktionen sowie deren Einsehbarkeit auch nach ihrem Abschluss hätten kennen können. Dies begründet allerdings nur eine einzige vorwerfbare Zuwiderhandlung gegen die Vertragsstrafenvereinbarung und nicht, wie vom Rechtinhaber verlangt, elf. (Quelle: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de)
Fazit: Derjenige, der eine strafbewährte Unterlassungserklärung wegen der unberechtigten Nutzung von Produktfotos im Internet abgeben hat, tut gut daran sich zu vergewissern, ob die von ihm verwendeten auch noch nach Abgabe der Erklärung im Internet in Verbindung mit seinem Angebot abrufbar sind. Auch wenn er nicht unbedingt 11-mal die Vertragsstrafe verwirkt hatte, so musste in dem Fall vor dem OLG Frankfurt der betroffene Händler zumindest einmal die Vertragsstrafe, also 5.000 € zahlen.
Lesen hier hierzu auch: Anforderung an die Beseitigung einer Rechtsverletzung im Internet – Maßnahmen nach Abgabe einer Unterlassungserklärung wegen einer Urheberrechtsverletzung (https://blog-it-recht.passwort-retter.de/2013/04/04/anforderung-an-die-beseitigung-einer-rechtsverletzung-im-internet-masnahmen-nach-abgabe-einer-unterlassungserklarung-wegen-einer-urheberrechtsverletzung/).
Bildnachweis: © ErickN – Fotolia.com
 

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