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Double-Opt-In Verfahren wohl nicht rechtssicher


Update vom 22.11.2012 am Ende des Blogbeitrags!

Das Double Opt-In Verfahren bei der Newsletteranmeldung ist gängige Praxis. Es dient zur Verifizierung der Identität des Anmelders. Nach der Anmeldung bekommt dieser eine E-Mail übersendet, in der er einen Bestätigungslink zum Erhalt des Newsletters anklicken muss. Durch ein Urteil des OLG München birgt diese Praxis jedoch künftig ein Abmahnrisiko.

Das Gericht ist der Auffassung, dass bereits die erste Bestätigungsmail, die den Bestätigungslink enthält, eine unzulässige E-Mailwerbung darstellt, wenn der Empfänger für den Erhalt nicht vorher eine Einwilligung erteilt hat (Urteil vom 29.9.2012, Az. 29 U 1682/12).
Die Münchener Richter argumentierten, dass nach § 7 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eine belästigende, geschäftliche Handlung unzulässig sei. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG sei die Verwendung von elektronischer Post ohne ausdrückliche Einwilligung des Adressaten stets belästigend und damit verboten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellten alle auf Absatzförderung gerichteten Handlungen bzw. Äußerungen eines Unternehmens Werbung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar. Danach sei Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Nach diesen Grundsätzen falle auch eine E-Mail, mit der zur Bestätigung einer Bestellung im Double-opt-in-Verfahren aufgefordert werde, als Werbung unter das Verbot des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, denn der Newsletter stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ziel der Förderung der eigenen Geschäftstätigkeit. Das gelte auch, wenn die Mail mit dem Bestätigungslink selbst gar keine Werbung enthalte.
Grundsätzlich ist das Double-Opt-In Verfahren und die Versendung des Newsletters auch nach dem Urteil des OLG München zulässig, wenn der Empfänger vorher eingewilligt hat. Der Anbieter muss diese Einwilligung jedoch nachweisen können. Genau hier liegt aber das Problem: Es ist bei der Newsletteranmeldung über die Eintragung einer E-Mail Adresse nicht nachweisbar, dass der Anmelder mit dem eingetragenen Empfänger auch tatsächlich übereinstimmt. So kann ein Dritter jederzeit für eine andere Person oder ein Unternehmen einen Newsletter anmelden, ohne dass diese im Zweifel etwas davon mitbekommen.
Eben aus diesem Grund wurde das Double Opt-In Verfahren geschaffen. Hier wird sichergestellt, dass der Anmelder mit dem Empfänger übereinstimmt. Wenn nun aber das OLG München die Bestätigungsmail bereits als Werbemail einordnet, dann liegt bei dem oben beschriebenen Fall der Anmeldung durch einen Dritten bereits ein Fall von rechtswidrigem SPAM vor. Der Anbieter hat keine Möglichkeit, dieses Risiko mit dem bisher gängigen Verfahren abzufangen.
So konnte auch die Beklagte im vorliegenden Fall die Einwilligungserklärung der Klägeri nicht nachweisen.

Was ist jetzt zu tun?
Jetzt stehen Newsletteranbieter vor dem Problem, dass mit dem üblichen Double Opt-In Verfahren das Risiko einer Fremdanmeldung und einer damit verbundenen Abmahnung durch den potentiellen Empfänger besteht.
Dies betrifft zumindest erst einmal Adressaten in München. Denn das Gericht hat in der Vergangenheit  entschieden (Beschluss vom 30.10.2007 – Az.: 31 AR 252/07), dass für den Gerichtsstand alleine der Ort maßgeblich sei, an dem der Betroffene die Spam Mails erhalten hat.
Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass andere Gerichte der Rechtsprechung des OLG München folgen oder einen fliegenden Gerichtsstand zulassen.
Da das gängige Double Opt-In Verfahren nach dem aktuellen Urteil ein Abmahnrisiko birgt, müssten die entsprechenden Anmeldeformulare komplett abgeschaltet werden, um Rechtssicherheit zu erlangen.
Im Zeitalter des Internets bleibt Dank des OLG München zumindest vorübergehend wohl nur die Möglichkeit, ein Faxformular zum Download bereit zu stellen, um sich des Einverständnisses auf Papier mit Unterschrift des neuen Abonnenten zu versichern. :-)
Für gute Ideen zur Umgehung des Problems sind wir dankbar!

UPDATE vom 22.11.2012:


Im Internet wird teilweise die Meinung vertreten, dass Newslettermodule, die die Anmeldedaten bei Ausfüllen des Anmeldeformulars und bei Versenden der Mail mit dem Bestätigungslink speichern, rechtssicher seien. Diese Meinung können wir nicht teilen:

IP-Adressen gehören zu den personenbezogenen Daten. Diese Daten dürfen ohne Einwilligung des Nutzers überhaupt nicht gespeichert werden. Das bedeutet: Im Anmeldeformular müsste schon eine Extra-Checkbox mit Einwilligungstext im Sinne von „Ich bin mit der Speicherung meiner IP-Adresse einverstanden…“eingefügt werden.

Der wesentliche Punkt ist nur, selbst wenn die Anmeldedaten gespeichert werden, kann der Newsletteranbieter im Ernstfall nichts damit anfangen. Praktisch läuft es so: Die IP-Adresse wird gespeichert und dann kommt eine Abmahnung. Der Newsletteranbieter wehrt sich dagegen und muss nun vor Gericht beweisen, dass der Prozessgegner persönlich sich in seinen Newsletterverteiler eingetragen hat. Allein mit der IP-Adresse kann er aber nicht beweisen, wer sich dahinter als Person „verbirgt“. Über diese Informationen verfügen nur die Telekommunikationsdienstanbieter – und die dürfen die Personalien, die einer IP-Adresse zugewiesen sind,  nicht an Private herausgeben.  Solche Anfragen stehen zum Beispiel nur Polizeidienststellen oder Staatsanwaltschaften im Rahmen von Ermittlungsverfahren zu. Bei dynamischen IP-Adressen ist dazu sogar noch eine richterliche Anordnung nach §§ 100 g, 100 b Strafprozessordnung (StPO) erforderlich. In jedem Falle haben Private oder auch Unternehmen keinen direkten Auskunftsanspruch gegen den Provider. Allein für Filesharing-Fälle gibt es z. B. für die Musik- oder Filmindustrie über § 101 Abs. 9 Urhebergesetz die Möglichkeit, direkt beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Auskunft gegen den Provider zu stellen. Fazit: Selbst bei Speicherung der IP-Adresse im System bringt das den Newsletterbetreiber im Streitfall nicht weiter, weil er nichts beweisen kann.

 

Bildnachweise: © Markus Mohr @ Fotolia.com und Pixel @ Fotolia.com

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