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Weiterverkauf digitaler Hörbücher darf untersagt werden

Wer im Internet per Download ein Hörbuch erwirbt, dem kann der Verkäufer das Kopieren und Weiterveräußern der erworbenen Audiodatei untersagen. So entschied der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 15. Mai 2014 (22 U 60/13) zugunsten eines Hörbuchanbieters , der in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Nutzungsrechte für die von ihm vertriebenen Hörbücher entsprechend eingeschränkt hatte. Damit sind die Used-Soft-Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus 2012  und des Bundesgerichtshofs (BGH) aus 2013  nicht auf Audiodateien anwendbar.
Der von einem Verbraucherschutzverein verklagte Online-Hörbuchanbieter hatte über das Internetportal „buch.de“ Hörbücher zum Download angeboten. Der Kunde konnte die gesamte Originaldatei über das Internet herunterladen und auf einem eigenen physischen Datenträger nach eigener Wahl lokal speichern. Im Rahmen seiner AGB gewährte der Onlinehändler dem Erwerber an der heruntergeladenen Datei ein einfaches, nicht übertragbares Nutzungsrecht. Er untersagte ausdrücklich, den Download weiterzuverkaufen.
Hiergegen richtete sich die Unterlassungsklage des Verbrauchervereins. Nach dessen Auffassung trete durch den Erstvertrieb der Hörbücher, unabhängig davon, ob diese auf einer CD verkörpert seien oder ein Download ermöglicht werde, eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts des Verkäufers im Sinne von § 17 Urgebergesetz (UrhG) ein. Die urheberrechtliche Folge hiervon wäre, dass der Käufer als Ersterwerber berechtigt wäre, seine Kopie des Hörbuchs und das Recht zu dessen Nutzung an einen anderen weiter zu veräußern. Ausgangpunkt dieser Argumentation war hierbei die „Used-Soft“-Entscheidung des EuGH. Entgegen der Auffassung vieler deutscher Gerichte hatte der EuGH eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts für im Internet übermittelte Softwarekopien unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erklärt.
Das OLG Hamm sah diese Rechtsprechung auf die vorliegende Konstellation jedoch nicht für anwendbar an. Die Regelungen der Erschöpfungswirkung gemäß § 17 UrhG gelte hier nicht für im Internet zum Download bereitgestellte Audiodateien. Vielmehr sei für diesen Fall § 19 a UrhG anzuwenden, der das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung regelt. Bei der streitgegenständlichen Vertriebsform des Downloads eines Hörbuchs handle es sich nicht um ein Verbreiten im Sinne des Urheberrechts, sondern um eine „öffentliche Zugänglichmachung“. Damit erschöpfe sich das Verbreitungsrecht gerade nicht. Ein Onlinehändler könne folglich die Weiterveräußerung einer heruntergeladenen Datei im Rahmen seiner AGB zu untersagen.
Fazit: Die Entscheidung des OLG Hamm zeigt, wie umstritten im Urheberrecht das Thema des Weiterverkaufs „gebrauchter“ digitaler Produkte, wie E-Books, Hörbücher, Musik und Software ist. Ob die „Used- Soft“ Rechtsprechung des EuGH zu gebrauchter Software auch auf andere digitale Produkte übertragbar ist, war hierbei erstmals Gegenstand oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung. Das Ergebnis des OLG erscheint jedoch im Hinblick auf die Wertungen des EuGH in seiner „Used-Soft“ Entscheidung insgesamt eher fragwürdig zu sein. Da das Gericht keine Revision wegen mangelnder weitergehender Bedeutung zugelassen hat, bleibt abzuwarten, wie sich andere Gerichte künftig mit dem Thema auseinandersetzen werden. Allerdings gehen die einschlägigen Geschäftsmodelle zum Angebot digitaler Güter ohnehin eher in Richtung eines zeitlich beschränkten Zugriffs. Bei Angeboten, wie z.B. dem „Verleih“ von E-Books durch Amazon, kann keine Erschöpfung eintreten. Vielleicht wird die Rechtsprechung schon durch die technische Entwicklung überholt.
Bildnachweis: fotogestoeber – Fotolia

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