Weggewischt: Apples „Wischpatent“ ist nichtig
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat der Apple Inc. in der Berufung gegen die Entscheidung des Bundespatengerichts eine Absage erteilt: Das Patent des amerikanischen Softwareriesen für das Entsperren von Touchscreens durch Wischgeste bleibt ungültig (Urteil vom 25. August 2015 – X ZR 110/13).
In der Sache stritten die Motorola Mobility Germany GmbH (Motorola) mit Apple über das auch in Deutschland geltende europäische Patent 1 964 022, dessen Inhaber Apple ist. Motorola hatte die Erfindung mit einer sogenannten Patentnichtigkeitsklage angegriffen. Dem ganzen war ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen den Parteien vorausgegangen, an dem auch ursprünglich die Firma Samsung beteiligt war. Letztere hatte sich jedoch mit Apple außerhalb der USA geeinigt.
Die betroffene Erfindung bezieht sich auf das Entsperren einer mobilen, elektronischen Vorrichtung mit berührungsempfindlichen Bildschirmen, sogenannter Touchscreens. Dadurch werden bestimmte Geräte mit Touchscreen, nämlich Mobiltelefone oder Tablet- PCs gegen unabsichtliches Aktivieren durch zufälligen Berührungskontakt gesperrt. Der Anwender kann sodann durch Wischen auf der Berühroberfläche den Bildschirm wieder entsperren, wobei eine grafische Hilfestellung durch ein „Entsperrbild „im Einklang mit der Fingerbewegung“ gegeben wird.
Die Vorinstanz (Bundespatentgericht – Urteil vom 4. April 2013 – 2 Ni 59/11 (EP)) hatte das Apple-Patent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, da der der Gegenstand der zugrundeliegenden Erfindung nicht patentfähig im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Europäisches Patentübereinkommen (EPÜ) sei. Dieser beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Art. 56 Satz 1 EPÜ. Auch die hilfsweise eingereichten beschränkten Fassungen des Patents hielt das Gericht nicht für rechtsbeständig. Sofern dem Nutzer auf dem Bildschirm ein Entsperrbild angezeigt werde, das sich im Einklang mit der – als solche bekannten – Fingerbewegung auf einem vorgegebenen Pfad auf dem Bildschirm bewege, sei dieses Merkmal bei der Beurteilung der Patentfähigkeit nicht zu berücksichtigen. Diese Vorgabe löse kein technisches Problem, sondern wirke lediglich auf die Vorstellung des Benutzers ein, indem es durch grafische Maßnahmen die Bedienung des Geräts vereinfache.
Der BGH hat nun die Berufung von Apple zurückgewiesen. Zwar gehe das Patent über den Stand der Technik hinaus, indem die Entsperrung dem Anwender durch eine den Entsperrvorgang begleitende grafische Darstellung angezeigt werde. „Eine solche benutzerfreundlichere Anzeige war dem Fachmann jedoch durch den Stand der Technik nahegelegt. Denn dort wird ein „virtueller Schalter“ beschrieben, der durch eine Wischbewegung auf einem berührungsempfindlichen Bildschirm mittels „Verschiebens“ eines grafischen Objekts einen Schieberegler imitiert.“
Insofern bestätigte der BGH das Bundespatentgericht, so dass das angefochtene Patent gerade nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht, sondern offensichtlich als trivial einzuordnen ist.