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IT-Verträge für Agenturen – der Freelancer-Vertrag

Im IT-Bereich, speziell im Projektgeschäft, kommt es häufig nicht zuletzt aus Kostengründen zu einer Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern. Eigentlicher Auftragnehmer des Kunden ist hierbei oft eine Agentur, die Mitarbeiter für IT-Projekte vermittelt.
Der Abschluss eines Subunternehmervertrages kann für beide Seiten mit einem nicht unbeträchtlichen Haftungsrisiko verbunden sein. So können bestimmte Konstellationen auch strafrechtlich sanktioniertes Verhalten hervorrufen und ein Ermittlungsverfahren wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt zur Folge haben (§ 266 a Strafgesetzbuch).
Im Folgenden möchten wir auf wichtige Punkte in diesem Zusammenhang aufmerksam machen. Dabei steht sowohl der freie Mitarbeiter aber auch die Agentur als Hauptunternehmer im Focus der folgenden Darstellungen.
1.    Was ist freie Mitarbeit?
Unter freier Mitarbeit wird allgemein das selbständige unternehmerische Tätigwerden einer natürlichen Person für einen fremden Auftraggeber verstanden. Durch die Bezeichnung „freie Mitarbeit“ soll in Abgrenzung zum Arbeitnehmer zum Ausdruck gebracht werden, dass gerade kein Beschäftigungsverhältnis bzw. Arbeitsverhältnis zwischen den Beteiligten besteht, sondern vielmehr ein Werkvertrag oder selbständiger Dienstvertrag.
Der freie Mitarbeiter unterscheidet sich von einem Arbeitnehmer seines Auftraggebers somit insbesondere dadurch, dass er nicht nach den Weisungen seines Auftraggebers arbeitet. Ferner muss für Außenstehende klar erkennbar sein, dass der freie Mitarbeiter nicht in die Arbeitsorganisation des Auftragnehmers oder Kunden eingegliedert ist.
Für die Annahme einer freien Mitarbeit sollten insbesondere folgende Punkte, die sich in einem Vertrag, aber auch in dessen tatsächlicher Umsetzung wiederspiegeln sollten, vorhanden sein:

  • Gewährleistung der freien Gestaltungsmöglichkeit zur Arbeitsbewältigung des freien Mitarbeiters
  • freie Bestimmbarkeit des Arbeitsortes
  • keine Vorgaben zu Arbeitszeiten
  • keine Überlassung wesentlicher Arbeitsmittel an den Mitarbeiter
  • keine Einbindung in die Organisation des Auftragnehmers
  • u.a.

2.    Die Vorteile der freien Mitarbeit
Warum sollte sich ein Unternehmer überhaupt dazu entschließen bspw. einen selbständigen Projektentwickler als Subunternehmer einzusetzen? Der Vorteil für den Hauptunternehmer liegt auf der Hand. Wir hatten bereits dargestellt, dass der freie Mitarbeiter gerade nicht in der Arbeitsorganisation des Auftragnehmers oder eingegliedert ist. Er ist im Gegensatz zum Arbeitnehmer in jeder Hinsicht unabhängig. Dies trifft auch im Hinblick auf die Sozialabgabe zu. Der Auftragnehmer muss daher für seinen freien Mitarbeiter keine Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zahlen. Hierdurch wird auch der administrative Aufwand für den Auftraggeber verringert, da Meldungen an die Krankenkasse sowie das Finanzamt wegfallen. Büro- und Buchhaltungskosten werden somit vermindert.
Auch hat der freie Mitarbeiter keinen Kündigungsschutz wie ein Arbeitnehmer. Er muss somit keine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht bei fristloser Kündigung fürchten Wichtig ist auch, dass im Falle der Erkrankung keine Lohnfortzahlungspflicht besteht.
Ferner unterliegt das Vertragsverhältnis mit dem freien Mitarbeiter keinem Tarifvertrag.
Die Vorteile für den freien Mitarbeiter selbst sind in einer eigenbestimmten Arbeit bei freier Wahl des Leistungsortes sowie der freien Zeiteinteilung zu sehen. Auch ist er vertraglich nicht an einen Auftraggeber gebunden und hat hierdurch die Möglichkeit zur größeren wirtschaftlichen Entfaltung seines Betriebes. Zudem unterliegt er auch nicht der Zwangsabgabe zur Sozialversicherung.
3.    Achtung: Arbeitnehmerüberlassung
Ein nicht zu unterschätzendes Risiko liegt im Anwendungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG). Dieses Gesetz regelt die gewerbsmäßige Überlassung von Mitarbeitern und dient dem Schutz der Arbeitnehmer und Sozialsysteme.
Arbeitnehmerüberlassung, bekannt als Leiharbeit besteht dann, wenn sich die Leistung des Auftragnehmers (Entleiher) darauf beschränkt, seinem Auftraggeber (Kunden) Mitarbeiter mit ihrer meist ganzen Arbeitszeit zur Verfügung zu stellen, so dass diese wie Mitarbeiter des Auftraggebers bei diesem und für diesen tätig werden. Typischerweise ist dem Kunden ein Direktionsrecht gegenüber Mitarbeiter seines Auftragnehmers eingeräumt. Er kann also bestimmen, wie er den „geliehenen“ Mitarbeiter einsetzen will. Ein Vertrag des Mitarbeiters besteht allerdings nur mit der Agentur und nicht mit dem Kunden.
Von Gesetzes wegen erfordert das „Überlassen“ von Arbeitnehmern grundsätzlich die Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit.
Ob ein „Überlassen“ des Mitarbeiters im Sinne des AÜG vorliegt, hängt  nicht davon ab, wie der Vertrag zwischen Agentur und Mitarbeiter benannt wurde. Ferner ist es unerheblich, ob die Agentur grundsätzlich auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätig ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob der jeweilige Mitarbeiter vollständig in den Betrieb des Auftraggebers, also des Kunden eingegliedert worden ist. Es genügt, wenn die Arbeitnehmerüberlassung im Einzelfall Hauptzweck des Vertrags ist und der Auftragnehmer, also der Entleiher in Gewinnerzielungsabsicht handelt. Somit können auch Fälle die Rechtsfolgen des AÜG auslösen, in denen dem Entleiher gar nicht bewusst ist, den „vermittelten“ Programmierer, der für ein längeres Projekt für seinen Kunden arbeitet, „überlassen“ zu haben.
Ein Verstoß gegen die Erlaubnispflicht der Bundeagentur für Arbeit stellt eine, mit Geldbuße belegte Ordnungswidrigkeit dar.
Weiterhin können Verstöße gegen das AÜG dazu führen, dass der Überlassungsvertrag insgesamt unwirksam ist. In Fällen der Unwirksamkeit wird ein Arbeitsvertrag zwischen Kunde und Mitarbeiter fingiert. Letztere hat Anspruch auf Zahlung seines Gehalts und kann unter anderem auf Weiterbeschäftigung klagen.
4.    Die Gefahr der Scheinselbständigkeit
Eine weitere Gefahr für den Haupt- sowie auch für den Subunternehmer besteht in dem Vorliegen sogenannter Scheinselbständigkeit. Eine Scheinselbständigkeit liegt immer dann vor, wenn der freie Mitarbeiter zwar vertragsgemäß selbständig ist, also ein eigenes unternehmerisches Risiko tragen soll, tatsächlich jedoch wie ein abhängiger Arbeitnehmer von seinem Auftraggeber behandelt wird und in dessen vorgegebene Arbeitsorganisation eingebunden ist. Im Gegensatz zum Arbeitnehmer soll der freie Mitarbeiter auch nicht an die Weisungen seines Auftraggebers gebunden sein. Liegen diese Voraussetzungen vor, geht das Gesetz von einer sozialpflichtigen Beschäftigung im Sinne von § 7 Absatz 1 des vierten Sozialgesetzbuches (SGB IV) aus:
„Beschäftigung ist die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers“.
Es kommt also auch für die Scheinselbständigkeit nicht darauf an, was die Parteien vereinbart haben, sondern wie sich die Tätigkeit des freien Mitarbeiters für seinen Auftraggeber (Agentur oder Kunde) tatsächlich gestaltet.
Liegt eine Scheinselbständigkeit vor, hat dies weitreichende Folgen!
Der Auftraggeber haftet gegenüber der Sozialversicherung allein auf den gesamten Beitrag  für den gesamten Tätigkeitszeitraum. Dies gilt auch rückwirkend für die Zeiten bis zum jeweiligen Verjährungszeitpunkt.
Ist zu dem Zeitpunkt, in dem die Sozialversicherung die Nachzahlung für die Beträge fordert, das Vertragsverhältnis mit dem freien Mitarbeiter bereits beendet, kann der Auftraggeber von diesem zudem auch nicht mehr die Arbeitnehmeranteile verlangen. Ansprüche gegen den freien Mitarbeiter bestehen nicht. Es besteht somit ein enormes finanzielles Risiko!
Hinzukommt, dass gemäß § 266 a Strafgesetzbuch (StGB) das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt strafbar ist. In Absatz 1 der Vorschrift heißt es:
„Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Bestehen Unsicherheiten, ob eine Scheinselbständigkeit vorliegt, können der freie Mitarbeiter, sein direkter Auftraggeber oder auch dessen Kunde, an den der Mitarbeiter vermittelt werden soll, bei der Deutschen Rentenversicherung Bund  eine Entscheidung darüber beantragen ob in diesem Falle ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder nicht.
 
Bildnachweis: © christophe BOISSON – Fotolia.com

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