Überspringen zu Hauptinhalt

Der Webdesignvertrag- Ein Überblick

Heutzutage kommt kaum ein Unternehmen ohne eine Internetpräsenz aus. Wird diese erstellt, sind vertragliche Regelungen unverzichtbar, will man spätere Streitereien vermeiden.
Der dann zu schließende Webdesignvertrag mit dem Webdesigner oder einer Agentur kann sich auf einzelne Elemente der Internetpräsenz, aber auch auf eine umfassende Gesamtbetreuung bei der Erstellung des Projektes beziehen. So geht es bei der Erstellung einer Website nicht nur allein um das „gute“ Aussehen. Neben der äußeren Gestaltung und dem grafischen Design geht es – vor allem bei komplexen Shopsystemen – auch um die technische Umsetzung, die konzeptionelle Gestaltung der sogenannten User Experience (UX), der entsprechenden Bedienelemente (sog. User Interface „UI“), aber auch nicht zuletzt um eine gute Auffindbarkeit im Internet.

  • Welcher Vertragstyp liegt überhaupt vor?

Im Bereich „Webdesign“ geht es nicht immer nur einen reinen „Webdesignvertrag, sondern nach dem Bundesgerichtshof (BGH) lassen sich folgende Vertragstypen je nach konkretem Vereinbarungsinhalt  im Zusammenhang mit einer Website unterscheiden:
•    Access-Provider- Vertrag (wird allg. als Dienstvertrag angesehen)
•    Applikation-Service-Providing (ASP) (Mietvertrag)
•    Web-Hosting- Vertrag (weist dienst-, miet- und werkvertragliche Aspekte auf)
•    Webdesign-Vertrag: eigentliche Erstellung der Webseite (Werkvertrag, Werklieferungsvertrag)
•    Domainregistrierung und/oder – beschaffung (Werkvertrag, der eine entgeltliche Besorgung zum Gegenstand hat)
•    Wartungs- oder Pflegevertrag einer Website (Dienstvertrag oder Werkvertrag)
Allen vorgenannten Vertragstypen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sind unterschiedliche Rechtsfolgen zugeordnet. So ist es für die Parteien eines Vertrags im Hinblick auf Gewährleistung, etwaiger Nutzungsrechte und Kündigung besonders relevant, ob es sich etwa um einen Dienst-, Werk- oder Mietvertrag handelt. Dies ist beispielsweise für die folgenden Fragestellungen von erheblicher Bedeutung:
•    Was passiert etwa, wenn der Onlineshop nicht rechtzeitig fertig gestellt wird?
•    Wer hat den Verzug zu verantworten?
•    Wann haftet der Auftraggeber?
Für die rechtliche Einordnung spielt es dabei keine Rolle, wie eine der Parteien den Vertrag bezeichnet hat. Auch wenn zum Beispiel „Dienstvertrag“ in der Überschrift steht, ist es trotzdem kein Dienstvertrag, wenn der Inhalt des Vertrages nicht passt. Maßgeblich für die rechtliche Einordnung ist allein der vereinbarte Leistungsgegenstand.
Setzt sich ein Vertrag aus allen oben genannten Elementen zusammen, so geht der BGH von einem Werkvertrag im Sinne von §§ 631 BGB aus, er spricht vom sogenannten „Internetsystem-Vertrag“ (Urteil vom 04.03.2010 –BGH III ZR 79/09).
Bereits dies zeigt deutlich, dass die Erstellung einer Website durchaus vielschichtig und somit auch konfliktanfällig sein kann. Um Unstimmigkeiten auszuschließen und Streitpotential möglichst zu minimieren, sollten die beteiligten Parteien unbedingt einen umfassenden schriftlichen „Webdesign-Vertrag“ abschließen.
Im Folgenden soll dargestellt werden, was die Parteien eines „Internetsystem-Vertrags“ unter anderem berücksichtigen sollten. Zu beachten ist jedoch, dass der konkrete Vertragsinhalt bzw. die entsprechende Ausgestaltung immer von dem zugrundeliegenden Projekt, also von dem jeweiligen Einzelfall abhängt.

  • Pflichtenheft

Es ist für die Parteien ratsam, die zu erbringenden Leistungen vertraglich genau in einem sog. „Pflichtenheft“ zu regeln. Dabei sind Umfang, Grundfunktionen und auch die Struktur der zu erstellende Website festzuhalten. Dieses Pflichtenheft sollte durch den Auftragnehmer nach den Vorgaben des Auftraggebers erstellt werden und als Anlage Vertragsbestandteil sein. In das Pflichtenheft können neben den Umsetzungsvorgaben auch Mitwirkungspflichten/ -leistungen des Auftraggebers definiert werden. Zu denken ist etwa an vom Auftraggeber zu liefernde Informationen, Dokumente, Bilder oder aber auch an Software, die er bereitzustellen hat.

  • Zeitplan

Um ein Minimum an planerischer Sicherheit zu haben, ist es aus der Sicht des Auftraggebers vorteilhalft, einen festen Zeitplan festzulegen. Das Projekt kann hierbei, je nach Komplexität, in verschiedene Phasen gegliedert werden, wobei für jede Phase ein fester Beendigungszeitpunkt definiert werden sollte. Dabei sollte auch geregelt sein, welche Folgen im Falle des Verzugs eintreten, z.B. das Recht zur Kündigung, das Anfallen einer vereinbarten Vertragsstrafe usw.

  • Abnahme

 
Es sollte im Vertrag auch das Wann und Wie der Abnahme der Leistungen festgehalten werden. Diese kann beispielsweise so geregelt werden, dass die Abnahme soll bereits an die „live-Schaltung“ geknüpft wird, sondern erst einige Zeit nach dem Go Live, um zu prüfen, ob in dieser Zeit wesentlichen Mängel auftreten.
Warum ist die Abnahme so wichtig? Mit der Abnahmeerklärung sind erhebliche Rechtsfolgen für beide Vertragspartner verbunden. Neben der Ingangsetzung von Gewährleistungs- und Verjährungsfristen, werden mit der Abnahme, falls nichts anderes vereinbart wurde, auch alle bis dahin noch offenen Forderungen des Auftragnehmers fällig. Wegen seines Zahlungsanspruchs besteht auf Seiten des Auftragnehmers daher ein wesentliches Interesse an der Abnahme. Der Kunde hingegen möchte die Abnahme erst durchführen, wenn die Webseite auch wirklich seinen Anforderungen und Vorstellungen entspricht. Damit besteht hier ein nicht zu unterschätzendes Spannungsverhältnis. Umso wichtiger ist es, hierbei das genaue Abnahmeprocedere zu regeln. So sollte auch festgehalten werden, wie im Falle einer gescheiterten Abnahme weiter zu verfahren ist, damit die Website möglichst schnell den Kundenanforderungen entspricht und der Auftragnehmer seinen Lohn erhalten kann.

  • Leistungsänderungen (Change – Management)

Da die Erstellung einer Webseite einen Prozess darstellt, können sich im laufenden Projekt Änderungswünsche des Auftraggebers ergeben. Dies ist in zweifacher Hinsicht problematisch:
Durch Änderungswünsche werden zum einen Mehrkosten verursacht, ferner wird der Projektabschluss verzögert.
Es sollte daher eine Vereinbarung im Vorfeld darüber getroffen werden, wie mit Änderungswünschen (Change Requests) während Projekts umzugehen ist und welche Folgen daran geknüpft sein sollen.
So können speziell die folgenden Fragen für die Parteien relevant:
•    Wann bzw. bei welchem Umfang ist Mehrarbeit gesondert zu vergüten?
•    Welche Fristen sind anzupassen?
•    Wann liegen unzumutbare Änderungswünsche vor, die ein Kündigungsrecht des Auftragsnehmers auslösen können?

  • Rechteeinräumung

Besonderes Augenmerk sollten die Parteien auf die Rechteeinräumung hinsichtlich der urheberrechtsrelevanten Nutzungsarten der Website richten.
Fehlt es z.B. an einer ausdrücklichen, vertraglichen Einräumung der Nutzungsrechte an der Webdesignleistung, gilt die sogenannte Zweckübertragungstheorie. Dem Kunden werden dann gesetzlich nur diejenigen Nutzungsrechte eingeräumt, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für den Vertragszweck benötigt wurden. Dies kann dazu führen, dass der Auftraggeber nicht berechtigt ist, grafische Elemente der Website für Briefbögen, Visitenkarten oder andere Drucksachen zu verwenden, da eine solche Nutzung gerade nicht vom Zweck der Herstellung einer Webseite umfasst sind.
Auch kann der Auftraggeber im Falle einer fehlenden Regelung die Webseite nicht von einem anderen Programmierer oder Webdesigner einfach weiterentwickeln lassen.

  • Gewährleistung/ Haftung

 
Eine Website kann unter zwei Aspekten mangelhaft sein: Zum einen kann ein Sachmangel vorliegen und zum anderen sogenannter Rechtsmangel.
Ein Sachmangel betrifft die Qualität der Leistung, also die fehlerfreie technische Umsetzung der Website. Der Sachmangel soll hier nicht weiter thematisiert werden.
Ein Rechtsmangel setzt voraus, dass die Website Rechte Dritter verletzt. Das ist beispielsweise dann denkbar, wenn die vom Auftragnehmer in die Website integrierten Elemente unberechtigt eingefügt wurden und hierdurch fremde Urheberrechte verletzt werden. Das ist für den Auftraggeber insbesondere deshalb problematisch, da er als Webseitenbetreiber auch Anbieter des Inhalts gemäß § 7 Absatz 1 Telemediengesetz (TMG) ist und auch für Urheberrechtsverletzungen, die von seiner Website ausgehen, dem jeweiligen Rechteinhaber gegenüber haftet:
„Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.“
So kann durch die vom Auftragnehmer durchzuführende Domainregistrierung bereits die Verletzung fremder Namens- Marken oder Titelrechte eintreten.
Probleme können auch auftreten, wenn für die Programmierung sogenannte Open Source Software verwendet und damit gegen das sogenannte Copy-Left- Prinzip verstoßen wurde. Hierbei handelt es sich um die Verpflichtung des Lizenznehmers, sofern er die Software verändert und diese veröffentlicht, dazu den Quellcode der Veränderung oder Ergänzungen unter der ursprünglichen Lizenz zugänglich zu machen. Für den Auftraggeber kann es daher sinnvoll sein, sich von dem Webdesigner im Hinblick auf solche Urheberrechtsverstöße durch eine sogenannte Freistellungsklausel freistellen zu lassen und ihn vertraglich zu verpflichten, ihm die in diesem Zusammenhang entstehenden Schäden einschließlich der „angemessenen“ Kosten der Rechtsverteidigung zu ersetzen.
Bildnachweis: © Surflifes @ Fotolia.com

An den Anfang scrollen