OLG Hamm – Werbung von hohen Preisvorteilen wegen Geschäftsauflösung kann irreführend sein
Geschäftliche Handlungen sind unlauter und damit unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Verbrauchern zu beeinträchtigen. Dies ist bei einer Werbung immer dann der Fall, wenn sie irreführend ist, also unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält, vgl. §§ 3, 5 I UWG. Das Oberlandesgericht Hamm hat nun in einem aktuellen Urteil von Ende März 2010 entschieden (Urteil v. 23.03.2010 – Az.: 4 U 159/09), dass eine Reklame mit der Ankündigung eines erheblichen Preisrabatts aufgrund einer bevorstehenden Geschäftsaufgabe aus wettbewerbsrechtlicher Sicht unzulässig ist, wenn in Wahrheit das Geschäft gerade erst eröffnet wurde.
Der Beklagte führte im vorliegenden Fall einen Teppichhandel und kündigte in der Werbung öffentlich an, wegen einer totalen Geschäftsaufgabe eine Zwangsverwertung durch Räumungsverkauf mit einem Nachlass von bis zu 75% durchzuführen. Darin sah ein mitbewerbender Teppichverkäufer einen Wettbewerbsverstoß, weil es sich in Wahrheit um keine Geschäftsaufgabe, sondern vielmehr um die Neueröffnung des Betriebes handelte. Auf dem Rechtsweg begehrte er deswegen Unterlassung des Vorgehens des Beklagten.
Die Richter des Oberlandesgerichts Hamm gaben dem klagenden Mitbewerber Recht und bejahten im Ergebnis eine irreführende Rechtsverletzung. Durch die Angaben des Beklagten werden Verbraucher in die Irre geführt, da der hohe Discount gerade nicht wegen einer Geschäftsaufgabe, sondern einer Geschäftseröffnung zustande kommt.
Ein Räumungsverkauf hingegen findet regelmäßig nur in einem begrenzten Zeitraum statt, in welchem der Kunde davon ausgeht, besonders günstige Preise zu erzielen. Unter dem Vorwand und unter Ausnutzung der Zwangslage, dass diese Angebote nur über einen begrenzten Zeitraum verfügbar sind, entstand vorliegend bei den Verbrauchern eine hohe Anlockwirkung. Da es sich bei der vorliegenden Sonderveranstaltung in Wahrheit um eine Neueröffnung handelte, werden die Verbraucher bewusst getäuscht, da eine Geschäftsaufgabe voraussetzt, dass das Geschäft zumindest eine gewisse Zeit an Ort und Stelle schon bestanden hat.
Eine grundsätzlich zulässige Sonderveranstaltung findet ihre Grenze allein im Irreführungsgebot des § 5 UWG. Für einen Verstoß gegen § 5 UWG ist seit der Richtlinie 2005/29/EG nunmehr erforderlich, dass im geschäftlichen Verkehr irreführende Angaben gemacht werden, wovon auch bei einem Irrtum über die Umstände des Verkaufs auszugehen ist. Nicht nur die Ankündigung einer solchen Sonderveranstaltung, sondern auch die Durchführung eines Kaufvertrags bei einer unzulässigen Sonderveranstaltung ist dabei unzulässig.
Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb sieht für diesen speziell vorliegenden Fall sogar eine eigene Regelung vor: Gemäß § 3 Abs. 3 UWG i.V.m. Ziffer 15 der Anlage des UWG ist es stets unzulässig, wenn unwahr angegeben wird, der Unternehmer werde demnächst sein Geschäft aufgeben oder verlegen. Der Beklagte verhielt sich damit insgesamt wettbewerbswidrig – dem Unterlassungsbegehren des Klägers war damit folgerichtig stattzugeben.
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