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Minimalistische Illustration Zur Markenanmeldung Mit Fokus Auf Waren- Und Dienstleistungsverzeichnis.

Markenschutz: Was ist beim Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen zu beachten?

Der Schutzumfang einer Marke wird nicht automatisch für sämtliche Waren und Dienstleistungen gewährt. Stattdessen muss der Markenanmelder ein Verzeichnis der Waren und/oder Dienstleistungen erstellen und einreichen. Mit diesem Verzeichnis werden die Weichen für den späteren Markenschutz gestellt – es sollte mit Bedacht vorgegangen werden. Was Nizza-Klassen sind, warum sich vorausschauendes Denken lohnt und was es zu beachten gilt: Antworten gibt es hier im Beitrag.

Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis und die Nizza- Klassen

Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis ist eine systematische Auflistung der Produkte und Dienstleistungen, für die eine Marke Schutz beansprucht. Es basiert auf der Nizza-Klassifikation, einem international anerkannten System, das alle möglichen Waren und Dienstleistungen in 45 Klassen einteilt. Während Waren den Klassen 1 bis 34 zugeordnet sind, umfassen die Klassen 35 bis 45 verschiedene Dienstleistungen.

👉 Beispiel:

  • Ein Unternehmen, das hochwertige Lederhandtaschen vertreibt, möchte seine Marke schützen lassen. In diesem Fall werden die Produkte der Klasse 18 (Lederwaren) zugeordnet.
  • Soll die Marke zusätzlich für ein eigenes Modelabel genutzt werden, wäre auch eine Eintragung in Klasse 25 (Bekleidung) sinnvoll.
  • Betreibt das Unternehmen zudem einen Onlineshop für seine Kollektionen, könnte Klasse 35 (Einzelhandel und E-Commerce) relevant sein.

#1 Konkrete Waren und Dienstleistungen im Fokus

Aus juristischer Perspektive sind die Nizza-Klassen allerdings kaum mehr als ein „Verwaltungssystem“ – zum Beispiel hängen die Kosten der Anmeldung von der Zahl der beanspruchten Klassen ab. Auch der bloße Rückgriff auf die in der Klassifikation geführten Oberbegriffe ist in der Regel nicht praxisgerecht. Vielmehr sind im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis die konkreten Waren und Dienstleistungen zu bezeichnen.

  • Standardfall: Anerkannte Begriffe
    • Die Markenämter der EU haben die Klassifikationsdatenbank „Harmonised Database“ (HDB), in Deutschland auch „einheitliche Klassifikationsdatenbank“ (eKDB) genannt, entwickelt. Sie enthält über 73.000 anerkannte Begriffe. In den meisten Fällen findet sich hier die richtige Bezeichnung für die Ware oder Dienstleistung.
    • Die Recherche ist kostenfrei und ohne Anmeldung möglich über das EU-Portal TMclass.
  • Ausnahme: Freie Formulierung
    • Nicht nur im Bereich von Produktneuheiten kann es gelegentlich vorkommen, dass sich die Ware oder Dienstleistung unter den anerkannten Bezeichnungen trotz sorgfältiger Recherche nicht findet. Eine Eintragung ist grundsätzlich auch in diesen Fällen möglich. Es empfiehlt sich jedoch umso mehr eine rechtsanwaltliche Beratung, das Risiko von behördlichen Beanstandungen steigt.

Gehen Sie die Angebote Ihres Unternehmens umfassend durch und wählen Sie treffgenaue Bezeichnungen zur Beschreibung Ihrer Waren und/oder Dienstleistungen, um diese den richtigen Klassen zuordnen zu können. Bei der Anmeldung sind die Bezeichnungen nach Klassen geordnet in aufsteigender Reihenfolge der Klasseneinteilung anzugeben (vgl. § 20 Abs. 4 MarkenV).

💡Tipp: Markenrecherche

Bereits vor der Anmeldung einer Marke sollte eine Markenrecherche durchgeführt werden. Hierdurch kann sichergestellt werden, dass die geplante keine älteren Rechte verletzt. Andernfalls könnten Dritte Widerspruch beim zuständigen Markenamt erheben und die Marke löschen lassen. Auch Abmahnungen oder Klagen sind möglich, wenn die Verletzung einer älteren Marke gegeben ist. Für die Markenrecherche kann beispielsweise auf das DPMAregister zurückgegriffen werden.

#2 Businessplan – Zukünftige Entwicklungen für die Markenanmeldung berücksichtigen

Eine Sache, die im Markenrecht eine riesige Bedeutung hat, ist: Timing. Nicht nur wegen des gesetzlichen Prioritätsprinzips bedarf der effektive und effiziente Schutz von Marken den richtigen Gedanken und Handlungen zur richtigen Zeit.

Schon vor der Anmeldung empfiehlt es sich, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Häufig steht die Markenanmeldung frühzeitig auf dem Plan, erst gefolgt von wirtschaftlichen Entwicklungen. Die Marke sollte bereits zu ihrer Anmeldung darauf ausgerichtet werden, die Entwicklung des Geschäftsmodells möglichst gut begleiten zu können. Konkret bedeutet das in diesem Zusammenhang: Weitere Waren oder Dienstleistungen, die das Sortiment erweitern werden, sollten ggf. bereits zur Markenanmeldung in das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis aufgenommen werden.

💡Tipp: 5 Jahre Benutzungsschonfrist

Markeninhaber haben nach der Markenanmeldung fünf Jahre Zeit, um die Marke in Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen zu nutzen (sogenannte Benutzungsschonfrist). Erfolgt die Nutzung dann nicht, kann von Dritten der Nichtbenutzungseinwand erhoben werden – mit der Folge der Löschung aus dem Markenregister.

Im Rahmen der Prognose um die Markenstrategie bei der Anmeldung sollte das berücksichtigt werden, um keine Löschung der jeweiligen Klassen zu riskieren. Aus diesem Grund ist es auch nicht sinnvoll, eine Marke einfach für sämtliche Klassen anzumelden – neben der erheblich steigenden Kollisionsgefahr mit anderen Marken und den hohen Kosten für die Anmeldung.

👉 Beispiel aus der Rechtsprechung und Tipp für Online-Händler:

2005 traf es den großen Versandhändler OTTO vor dem BGH: Folge der Entscheidung war die Löschung von 27 eingetragenen Marken (BGH, Urteil v. 21.07.2005, Az. I ZR 293/02). Der Händler hatte diese pauschal in sämtlichen Warenklassen eingetragen, die Benutzung erfolgte aber, so das Gericht, gar nicht in Bezug auf Waren. Eine Benutzung hätte allenfalls im Hinblick auf Handelsdienstleistungen (in Bezug auf diese Waren) stattgefunden, also die heutige Dienstleistungsklasse 35. Einzel- und Online-Händler sollten diese Klasse stets auf dem Schirm haben, wenn sie eine Marke hinsichtlich ihres Online-Shops anmelden.

#3 Markenanmeldung kann nachträglich nicht erweitert werden

Ein entscheidender Punkt bei der Markenanmeldung ist, dass Markeninhaber das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen nach der Einreichung beim Markenamt nicht mehr erweitern können. Falls bei der Anmeldung bestimmte Waren oder Dienstleistungen vergessen werden, können Markeninhaber diese nicht „nachschieben“.

Ist ein nachträglicher Schutz der Marke für weitere Waren und Dienstleistungen also ausgeschlossen? Natürlich nicht. Eine spätere „Erweiterung“ lässt sich über eine Neuanmeldung der Marke herstellen.

🚨Hierbei bestehen jedoch insbesondere zwei Nachteile:

  • Kosten: Eine Neuanmeldung erzeugt mehr Kosten, als wenn direkt eine weitere Klasse mit angemeldet wird.
  • Priorität: Ältere Marken haben Vorrang vor (prioritäts-)jüngeren Marken. Ausschlaggebend für den Zeitrang ist der Anmeldetag. Wird eine Marke erweiternd neu angemeldet, sollte ggf. eine erneute Markenrecherche durchgeführt werden. So kann sichergestellt werden, dass in der Zwischenzeit, seit Anmeldung der „alten“ Marke, keine kollidierenden Zeichen angemeldet worden sind, die den Schutz der neuen Marke gefährden könnten.

💡Tipp: Markenüberwachung

Markeninhaber sollten ihre Marke überwachen und regelmäßig kontrollieren. Viele Markeninhaber melden ihre Marke an und kümmern sich ab diesem Zeitpunkt kaum mehr um die Eintragung. So kommt es, dass

  • die Marke im Laufe der Zeit für Waren oder Dienstleistungen genutzt wird, auf die sich ihr Schutz gar nicht erstreckt.
  • erst spät die Eintragung einer fremden, verwechslungsfähigen Marke bemerkt wird, was durch zwischenzeitlichen Ablauf der Widerspruchsfrist eine aufwändigere Verteidigung der eigenen Marke bedingen kann.

Fazit: Frühzeitig Weichen stellen für effektiven Markenschutz

Die Erstellung eines Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, das sowohl die aktuellen als auch zukünftigen unternehmerischen Tätigkeiten abdeckt und den Anforderungen der Markenämter entspricht, ist mitunter eine Herausforderung. Damit die Marke wirklich das schützt, was sie schützen soll, müssen die Details gut überlegt sein. Je nach Branche und Umfang der Tätigkeit des Anmelders kann dies unterschiedlich viel Aufwand bedeuten. (Marken-)Strategie und Planung sind häufig unerlässlich, um unternehmerische Spielräume effektiv zu sichern und am Markt erfolgreich zu agieren.

Neben einem sinnvollen Waren- und Dienstleistungsverzeichnis spielen dabei auch weitere Kriterien eine wichtige Rolle für die Sicherheit der eigenen Markenrechte. Unterschiedliche Markenformen wie Wort- oder Bildmarken spielen ebenso eine Rolle wie die Frage der territorialen Reichweite der Marke – bereits der gezielte Versand von Waren ins Ausland kann es sinnvoll erscheinen lassen, die Marke über die Grenzen Deutschlands hinaus zu schützen.

Die Rechtsanwälte von RESMEDIA unterstützen Sie mit langjähriger Expertise und Fokus auf Ihren konkreten Fall gerne bei der Markenanmeldung und beraten Sie darüber hinaus selbstverständlich ausführlich in allen Angelegenheiten des Markenrechts und weiteren Gebieten des gewerblichen Rechtsschutzes.

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