15 verbreitete Irrtümer im Markenrecht
1. Marken sind überbewertet – man braucht sie nicht.
Natürlich können Waren und Dienstleistungen ohne Marken-Bezeichnungen verkauft werden. Aber gerade weil Marken als Herkunftshinweis dienen und für die Qualität, den Service und das Image eines Unternehmens stehen können, werden Marken angemeldet. Marken stellen häufig auch einen großen Unternehmenswert dar – Adidas und Nike oder LEIFHEIT und BOSCH leben von ihrem Wert: Sie stehen für Qualität und/oder sollen ein bestimmtes Lebensgefühl vermitteln. Unternehmen investieren viel Aufwand und Geld, um ihre Produkte und Marken gewinnbringend am Markt zu vertreiben. Wenn ein anderer schneller ist und die gleiche Marke eintragen lässt für die gleichen Waren und Dienstleistungen, war der ganze Aufwand umsonst. Daher sollte man schon früh an die Eintragung einer Marke denken. Es reicht übrigens auch aus, dass eine Zeichenähnlichkeit besteht, um die eingetragene Marke erfolgreich gegen das nicht eingetragene Zeichen zu verteidigen.
2. Wenn ich mein Kennzeichen benutze, brauche ich keine Markenanmeldung.
Natürlich kann man auch ohne eine Markeneintragung in das Register vom Deutschen Patent- und Markenamt Markenschutz erlangen. Die Anforderungen daran sind jedoch sehr hoch, da der Bekanntheitsgrad des Zeichens, für den der Schutz gelten soll, sehr hoch sein und im Streitfall nachgewiesen werden muss. Der Verkehr muss das Zeichen einem bestimmten Unternehmen zuordnen können oder einem bestimmten Produkt.
Hinzu kommt, dass die Unterscheidungskraft des Zeichens in Verbindung mit der Bekanntheit betrachtet wird. Ist ein Zeichen außergewöhnlich, reicht ein relativ geringer Bekanntheitsgrad aus, um Markenschutz zu erlangen. Handelt es sich aber um normale Begrifflichkeiten, so kann ein Freihaltebedürfnis begründet werden und der Bekanntheitsgrad muss sehr hoch sein, damit dem Zeichen markenrechtlicher Schutz zugesprochen werden kann.
Da es schwierig und nahezu unmöglich sein wird, den Bekanntheitsgrad eines Zeichens in der Vergangenheit zu ermitteln, macht es Sinn, Marken eintragen zu lassen.
Denn im Markenrecht gilt der Grundsatz der Priorität, nachdem die ältere Marke sich gegen die jüngere Marke durchsetzt.
So kann also ein nicht eingetragenes Zeichen von einer jüngeren eingetragenen Marke verdrängt werden, weil es dem Inhaber des nicht eingetragenen Zeichens nicht gelingt, die Bekanntheit seines Zeichens zu einem früheren Zeitpunkt zu beweisen.
3. Ohne eigene Marke kann ich keine Markenrechtsverletzung begehen.
Das ist ein fatales Fehldenken. Jedes geschäftliche Handeln kann fremde Marken verletzen. Vor allem durch die Verwendung einer fremden Marke in z.B. Produktbeschreibungen oder als Modellbezeichnungen von Haushalts- oder Bekleidungswaren werden viele Markenrechtsverletzungen begangen.
Häufig wird in Markenabmahnungen angekreidet, dass der Ruf der eingetragenen Marke durch die unerlaubte Verwendung ausgenutzt und beeinträchtigt werde. Dies stellt neben dem markenrechtlichen einen wettbewerbsrechtlichen Rechtsverstoß dar.
4. Eine eigene Marken-Recherche ist preiswerter – also lieber selbst machen.
Über das DPMA-Register und Google kann und sollte man sich vor einer Markeneintragung vorab informieren, ob bereits identische Zeichen existieren, um zu schauen, ob die geplante Marke überhaupt Erfolg hätte, eingetragen zu werden. Denn die Kosten für die Eintragung fallen an, egal, ob die Marke danach aufgrund eines Widerspruchs durch den älteren Markeninhaber wieder gelöscht wird.
Um das zu vermeiden, ist eine vorherige Identitäts- und Ähnlichkeitsrecherche zwingend erforderlich. Ältere Marken können sich auch gegen ähnliche Kennzeichen durchsetzen, da vom Markenschutz auch die Ähnlichkeit eines Zeichens erfasst ist. Bei der Ähnlichkeitsrecherche werden das Erscheinungsbild einer Marke, die klangliche und die sinngemäße Ähnlichkeit miteinander verglichen.
Gerade die Ähnlichkeitsrecherche sollte man professionell durchführen lassen, sowie die juristische Einschätzung der gefundenen Treffer. Von 400 ähnlichen Zeichen sind meist nur 90 als kritisch anzusehen. Diese werden dann juristisch eingeschätzt und beurteilt. Die Entscheidung, ob man die geplante Marke daraufhin eintragen lässt, ist rein wirtschaftlicher Natur und letztendlich vom Unternehmer selbst zu treffen.
Die Wichtigkeit derartiger Markenrecherchen sollte nicht unterschätzt werden und kann sehr viel teurere Abmahnungen verhindern.
5. Mit Ablauf der Widerspruchsfrist kann eine eingetragene Marke nicht mehr angegriffen werden.
Das ist falsch. Die Widerspruchsfrist beträgt 3 Monate ab dem Tag der Veröffentlichung der Eintragung der Marke. Der Widerspruch kann die Löschung aufgrund einer älteren Marke bezwecken. Nach Ablauf dieser Frist kann die Marke zwar nicht mehr im Widerspruchsverfahren beim DPMA angegriffen werden, aber immer noch wegen Nichtigkeit aufgrund absoluter Schutzhindernisse im Sinne des § 8 MarkenG oder aber wegen der Nichtbenutzung der Marke innerhalb 5 Jahren gelöscht werden. Die Nichtbenutzung der Marke kann auch nur für einzelne Waren bzw. Dienstleistungen greifen, daher sollte man bei der Anmeldung das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis möglichst konkret gestalten.
6. Das Amt prüft bei der Anmeldung, ob ältere identische oder ähnliche Marken bereits bestehen.
Die Anmeldung beim DPMA kostet mindestens 290 Euro. Darin ist jedoch nicht die Identitäts- und Ähnlichkeitsrecherche inbegriffen. Das muss der Anmelder selbst vornehmen (lassen). Das Amt prüft lediglich die absoluten Schutzhindernisse aus § 8 MarkenG, d.h. ob das einzutragende Zeichen z.B. Unterscheidungskraft besitzt, kein Freihaltebedürfnis besteht und keine Irreführung möglich ist.
Auch die Überwachung, ob jüngere Marken die eigene Marke in ihrem Schutzrecht verletzen, ist dem Markeninhaber überlassen.
7. Wenn ich eine Marke nur für bestimmte Waren/Dienstleistungen schütze, können mir identische oder ähnliche Marken in anderen Klassen nicht gefährlich werden.
Wer Marken schützen lassen will, muss alle Waren- und Dienstleistungen beim DPMA angeben, für die das Zeichen Schutz genießen soll. Bei der Ähnlichkeitsprüfung wird auch geschaut, ob die Waren/Dienstleistungen, für die das Zeichen geschützt ist, identisch oder ähnlich sind. Damit eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken gegeben ist, muss nicht immer die gleiche Waren- bzw. Dienstleistungsklasse betroffen sein.
Das zeigt auch das Urteil des BGH (Urteil vom 31.10.2013, AZ: I ZR 49/12, OTTO CAP): Der Versandhändler „OTTO“ war in dem Fall gegen den Vertrieb von Baseballkappen mit dem Schriftzug „OTTO“ vorgegangen und konnte sich gerichtlich durchsetzten. Laut BGH ähneln sich die Nizza-Klassen „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen für Bekleidung“ und „Bekleidungsstücke“, sodass eine Verwechslungsgefahr gegeben war.
8. Wird ein markenähnliches oder –identisches Zeichen verwendet, liegt immer eine Markenverletzung vor.
Für eine Markenverletzung muss neben der Waren-/Dienstleistungsidentität bzw. –ähnlichkeit die Voraussetzung der „markenmäßigen Benutzung“ gegeben sein. Das ist dann der Fall, wenn das Zeichen von Dritten als Herkunftshinweis der Waren- und Dienstleistungen aufgefasst wird, der Verkehr also annimmt, das Zeichen diese dazu, die Produkte eines Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. Gerade bei der Verwendung von Kennzeichen als reines Dekorationselement ist die markenmäßige Benutzung in der Regel zu verneinen.
9. Bei der Erstellung eines Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses sind die Oberbegriffe der Nizza-Klassen ausreichend.
Wer nur die Oberbegriffe der Nizza-Klassen in seinem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis verwendet, arbeitet meist zu ungenau. Es macht nämlich durchaus Sinn, nicht nur die Oberbegriffe, sondern auch die der Klasse zugehörigen Bezeichnungen durchzuschauen und passgenaue Angaben zu machen. Damit sind die Waren- und Dienstleistungen in einem späteren Rechtsstreit besser voneinander abgrenzbar. Das ist allein schon für den Fall sinnvoll, dass die eigenen angebotenen Waren- und Dienstleistungen konkret bezeichnet werden, um darlegen zu können, dass sich die eigenen Waren- und Dienstleistungen klar von denen eines anderen Rechteinhabers unterscheiden.
Andere Markeninhaber können außerdem eine Löschung der Marke für bestimmte Warenklassen bezwecken, wenn die Marke für diese Warenklassen bzw. Bezeichnungen 5 Jahre lang nicht genutzt wird. Wird das eigene Angebot erweitert, sollte überdies das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis angepasst werden oder schon im Voraus überlegt werden, welche Produkte man innerhalb der 5 Jahre noch auf den Markt bringen möchte. Eingeschränkt werden kann das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis jederzeit, jedoch kann es nicht erweitert werden. Dafür wäre eine erneute Markenanmeldung vonnöten.
10. Wenn der Schutz für eine Wortmarke vom DPMA versagt wird, meldet man einfach eine Wort-/Bildmarke an.
Erkennt das DPMA keine Schutzwürdigkeit einer Wortmarke, so dürfte die Anmeldung einer Wort-/Bildmarke nur begrenzt Sinn ergeben. Zwar kann man, wenn man unbedingt dieses Zeichen verwenden möchte, eine Wort-/Bildmarke anmelden und aufgrund der bildnerischen Gestaltung kann die Anmeldung beim DPMA auch erfolgreich sein, aber der markenrechtliche Schutz erstreckt sich dann auch nur auf die Wort-/Bildmarke in dieser Form. Die Möglichkeit, dass der Wortbestandteil dann automatisch auch selbstständig markenrechtlichen Schutz genießt, ist allerdings sehr gering. Denn der Wortbestandteil dürfte erneut an den Schutzhürden des Markenrechts scheitern.
Wer also eine Wortmarke bzw. Wort-/Bildmarke schützen möchte und die Wortmarke vom DPMA als nicht eintragungsfähig angesehen wird, sollte man sich besser überlegen, ob man nicht ein originellerer Kennzeichen findet, um einen möglichst weitreichenden Schutz zu erlangen.
11. Damit Abmahnungen rechtliche Folgen haben, muss man erst noch eine anschließende Mahnung erhalten haben.
Das ist falsch. Abmahnungen sollten in jedem Fall nicht ignoriert und die Fristen eingehalten werden. Denn sollte man gar nicht oder erst sehr spät darauf reagieren, kann der Gegner bereits eine einstweilige Verfügung beantragt haben, die das Gericht nur auf die Eilbedürftigkeit und Schlüssigkeit hin prüft. Der Antragsteller muss die Tatsachen nur glaubhaft machen, nicht aber beweisen und der Antragsgegner hat keine Möglichkeit, sich dazu zu äußern. Dadurch ist die einstweilige Verfügung schnell ergangen. Mit der einstweiligen Verfügung hat man einen vorläufigen gerichtlichen Titel, der bei einer Zuwiderhandlung die Zahlung eines Ordnungsgeldes zur Folge haben kann.
12. Ein Gegenstandswert in Höhe von 50.000 Euro ist überzogen – das lässt sich vor Gericht beanstanden.
Keineswegs. In markenrechtlichen Angelegenheiten ist ein Streitwert in Höhe von 50.000,00 Euro für den Unterlassungsanspruch normal. Streitwerte orientieren sich an dem Interesse, das der Gläubiger bei Einleitung des Verfahrens an der gerichtlichen Durchsetzung der geltend gemachten Ansprüche hat. Sind die verletzten Marken sehr bekannt oder der Eingriff in das Recht des Markeninhabers besonders umfangreich und schwerwiegend, kann der Streitwert schnell viel höher liegen (100.000,00 – 150.000 Euro oder deutlich höher).
13. Solange ich Originalwaren verkaufe, kann ich keine Markenverletzung begehen.
Wer der Auffassung ist, er wäre mit dem Verkauf von Originalwaren auf der Sicheren Seite liegt zwar nicht ganz falsch, aber eben auch nicht ganz richtig. Denn Originalwaren, die in den USA gekauft werden, können nicht einfach so in der EU vertrieben werden. Gleiches gilt, wenn die Originale in der EU erstmals gekauft werden. Der im Gemeinschaftsmarkenrecht und deutschen Markenrecht geltende Erschöpfungsgrundsatz beinhaltet nämlich, dass der Markeninhaber Dritten verbieten kann, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke noch nicht von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht wurden.
Für einen bedenklosen Wiederverkauf von Originalen muss die Ware demnach erstmals mit Zustimmung des Rechteinhabers innerhalb der EU verkauft worden sein.
14. Wenn ich einmal eine Marke anmeldet habe, kommen keine weiteren Kosten auf mich zu.
Wer eine deutsche Marke erfolgreich angemeldet hat, hat vorerst Schutz für 10 Jahre. Die Schutzdauer kann beliebig oft jeweils um 10 Jahre verlängert werden, aber bei jeder Verlängerung fallen weitere 750,00 Euro an. Sollte das Klassenverzeichnis erweitert werden, fallen ebenfalls zusätzliche Gebühren in Höhe von 260 Euro pro Klasse an (ab der 4. Klasse).
Für die Markenverlängerung einer EU-Marke sind 1.350 Euro für die ersten drei Klassen zu zahlen. Für jede weitere Klasse wird ein Betrag von 400 Euro fällig.
Die Verlängerungsgebühren sind nur für den Erhalt der Eintragung der Marke relevant. Daneben können weitere Kosten anfallen, wenn ein Konkurrent sich z.B. auf ein älteres Kennzeichen beruft und eine Löschungsklage einreicht oder eine Klage wegen einer Markenrechtsverletzung aufgrund Markenähnlichkeit eingereicht wird. Aus diesem Grund sollte vorweg eine umfangreiche Recherche durchgeführt werden – um keine teuren Überraschungen zu erleben.
15. Ich brauche keinen Rechtsanwalt, um eine Marke einzutragen.
Für eine Markenanmeldung bedarf es keiner rechtsanwaltlichen Vertretung. Die Anmeldung kann auch vom Inhaber selbst vorgenommen werden.
Wer sich allerdings im Markenrecht nicht auskennt, ist gut beraten, sich fachliche Hilfe zu holen. Denn wird eine Anmeldung vom DPMA wegen absoluter Schutzhindernisse abgelehnt, ist das Geld für die Anmeldung (ca. 300,00 Euro) weg. Hat man diese Hürde alleine geschafft, setzt man sich innerhalb der dreimonatigen Widerspruchsfrist seinen konkurrierenden Markeninhabern aus, die beim DPMA Widerspruch gegen die Marke einlegen können. Erst dann, und nicht schon bei der Anmeldung, wird die Marke auf relative Schutzhindernisse geprüft. Das Amt vergleicht dann die ältere und jüngere Marke und prüft, ob eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken besteht. Dabei müssen die Marken nicht identisch sein. Es reicht aus, wenn sie sich derart ähnlich sind, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke dem Unternehmen der älteren Marke zuordnen, folglich eine Verwechslung der Herkunft möglich ist.
Außerdem möglich sind teuer Abmahnungen, die nach Jahren der Eintragung eintreffen und in denen Unterlassung – und damit die Vernichtung aller Waren, Flyer, Webseite etc, wo die Marke angebracht ist – und Schadensersatz gefordert wird. Der Schaden kann immens sein.
Die für eine Markenanmeldung vorbereitenden rechtsanwaltlichen Kosten sind dagegen vergleichsweise gering.
Letztendlich ist es eine Frage des unternehmerischen Risikos; wer das Geld für fachliche Hilfe vor der Markeneintragung nicht ausgeben kann/möchte, sollte im Hinterkopf haben, dass er später womöglich viel mehr Geld ausgeben muss für markenrechtliche Abmahnungen.
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